Star Star: «Jacko» naiv wie Peter Pan

London/dpa. - Kann man so naiv sein? Nach Michael Jacksons offenherzigen Bemerkungen in einer TV-Dokumentation des Journalisten Martin Bashir ist dies wohl eine der harmlosesten Fragen, die sich Zuschauern und Fans aufdrängen. Ja, er schlafe immer noch ganz unschuldig mit fremden Kindern im gleichen Schlafzimmer. Ja, er habe sein Baby Prince Michael II von der Brüstung eines Berliner Hotels baumeln lassen, sagte der Popstar und fügte jedes Mal hinzu: Warum auch nicht?
Die Szenen, die ihn mit seinen eigenen Kindern zeigten, zeichneten ein «völlig verzerrtes Bild» von seinem Verhalten als Vater, beschwerte sich Jackson in einem am Donnerstag veröffentlichten Kommentar zu der TV-Dokumentation von Bashir, bekannt für sein Porträt von Prinzessin Diana. Er habe die Sendung einen Tag vor der Premiere in den USA erstmals gesehen und sei «erschüttert» über die reißerische Aufmachung gewesen. Kinder seien das Wichtigste in seinem Leben, beteuerte er.
Das nimmt ihm jeder ab. In dem Film ist Jackson auf seinem Anwesen, der «Neverland Ranch», dabei zu sehen, wie er auf Bäume klettert und mit jungen Besuchern den hauseigenen Vergnügungspark erkundet. Jackson sieht sich selbst gern als Kind. «Ich bin Peter Pan», sagt er und meint damit die Märchenfigur, die nicht erwachsen werden wollte. Eine normale Kindheit hatte der Popstar nicht. Vater Joseph Jackson trieb seine jungen Kinder («Jackson Five») immer wieder unter Androhung von Prügeln zu neuen Höchstleistungen auf der Showbühne an. Auch das berichtet Michael Jackson in dem Dokumentarfilm.
Das alles mag Sympathien wecken. Doch über jeder Äußerung Jacksons schwebt die Ungewissheit, ob er die Wahrheit sagt. In dem Film weist er zunächst jede Behauptung zurück, er habe sich im Gesicht operieren lassen. Dann gibt er zwei plastische Eingriffe an seiner Nase zu, um «höhere Noten singen zu können». Erst sagt er, er habe mit der Mutter seines jüngsten Sohnes eine Beziehung gehabt, später räumt er ein, sie sei eine anonyme Leihmutter. Vor neun Jahren wurde Jackson beschuldigt, einen 13-Jährigen sexuell belästigt zu haben. Das Verfahren endete mit einem Vergleich in Höhe von umgerechnet 27 Millionen Euro - die Wahrheit kam nie ans Licht.
Jackson und seine Berater wussten vermutlich, das seine Auskunftsfreude für Aufsehen sorgen würde - gleichgültig, in welches Licht ihn sein Interviewer rückt. Nach dem mäßigen Erfolg seines letzten Albums «Invincible» können dem Popstar selbst negative Schlagzeilen nicht schaden: Allein in Großbritannien sahen im Schnitt mehr als 14 Millionen Zuschauer die TV-Dokumentation, und einen Tag später meldete eine britische Handelskette, dass die Verkaufszahlen seiner Platten um das Fünf- bis Zehnfache in die Höhe geschossen seien.