"Spiegel"-Redaktion wehrt sich "Spiegel"-Redaktion wehrt sich: Schwarzer "besser stumm vor Scham"

Köln - Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat seine Enthüllung über die Steuerhinterziehung von Frauenrechtlerin Alice Schwarzer verteidigt. „Dass Schwarzer jetzt auf den „Spiegel“ zeigt und ihm eine illegale Veröffentlichung vorwirft, kann (...) nur davon ablenken, dass sie selbst ihre Ehre verloren hat“, hieß es am Montag im Spiegelblog. Darüberhinaus wollte sich ein „Spiegel“-Sprecher auf dpa-Anfrage nicht äußern.
Die Publizistin habe mit der Selbstanzeige und der Rückzahlung von Steuern der vergangenen zehn Jahre „nur getan, was sie tun musste, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, und das ist der Grund, warum man ihren Fall öffentlich machen sollte. Einen Fall, nicht für Juristen, aber für Journalisten, über die Bigotterie eines ehemaligen Vorbilds.“
Weiter heißt es in dem Kommentar, Schwarzer sei seit den 80er Jahren eine Steuersünderin und müsse „eigentlich stumm werden vor Scham“, statt „mit der ihr eigenen Selbstgerechtigkeit“ Journalisten anzugreifen. Schwarzer hatte am Sonntag nach einem „Spiegel“-Bericht eingeräumt, seit den 80er Jahren ein Schweizer Konto vor den deutschen Steuerbehörden verheimlicht zu haben und es im vergangenen Jahr beim Finanzamt angezeigt zu haben. Für die vergangenen zehn Jahre habe sie insgesamt etwa 200 000 Euro Steuern nachgezahlt - plus Säumniszinsen. Ihr Anwalt Christian Schertz kritisierte eine „unerträgliche Verletzung des Steuergeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte“ und prüft rechtliche Schritte.
Neben viel Häme gab es für Schwarzer am Montag auch Rückendeckung. Der Bund der Steuerzahler hält die Enthüllung des Falls für fatal. „Frau Schwarzer hat das legitime Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige genutzt und damit den Weg in die Steuerehrlichkeit gefunden“, sagte Präsident Reiner Holznagel „Handelsblatt Online“. Ähnlich sieht es die Deutsche Steuer-Gewerkschaft. „Dieses Signal, dass durchgestochen wird, wird viele abhalten, künftig eine Selbstanzeige zu erstatten“, sagte ihr Vorsitzender Thomas Eigenthaler am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“.
Heftige Diskussion bei Twitter
Die Diskussion um Schwarzer ging am Montagmorgen in sozialen Netzwerken weiter, etwa bei Twitter. Auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der straffreien Selbstanzeige von Steuersündern wurde wieder aufgeworfen. In etlichen Meinungsbeiträgen wurde Schwarzer Doppelmoral vorgeworfen. Angesichts teils heftiger Twitter-Attacken auf Schwarzer wies der Grünen-Politiker Volker Beck auf deren Rechte hin. „Ich habe mit #AliceSchwarzer wegen mangelnder Fairness auch persönlich eine Rechnung offen. Aber manches geht zu weit!“, twitterte er. Zuvor hatten sich etwa der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner oder die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt mit kritischen Beiträgen zu Wort gemeldet.
Schwarzer, die in den vergangenen Monaten mit ihrer Anti-Prostitutionskampagne oft im Fernsehen zu Gast war, wird jetzt selbst zum Talkshow-Thema. So lautet der Titel der ARD-Sendung „Hart aber fair“ am Montagabend: „Was, die auch - kein Recht auf Steuergeheimnis für Alice Schwarzer?“ Nach einem Bericht des „Express“ soll der WDR auch Alice Schwarzer als Gast angefragt haben – die Kölnerin habe aber nach kurzer Bedenkzeit abgesagt. (dpa/afp)