Spanien Spanien: Wedeln statt Schwitzen

Madrid/dpa. - Die Tochter neben ihr tut es der Mutter gleich. Auf demBahnsteig gegenüber wartet ein Teenager im Trikot von Bayern Münchenauf den Zug - mit einem passenden dunkelroten Wedel in der Hand.
Fächer gehören in Spanien zum Alltag. Über 8000 verschiedeneModelle hat Javier Llerandi im Angebot. Der 35-Jährige ist der «Mannfür alles» im ältesten Madrider Fächergeschäft, der Casa de Diego.Die Firma wurde 1827 gegründet. Llerandi, ein Sohn des heutigenBesitzers, gehört zur fünften Generation der Familie.
Seine Verkäufe seien natürlich wetterabhängig, sagt Llerandi. Dieungewöhnlich heißen Sommer der vergangenen drei Jahre ließen denAbsatz merklich steigen. Das billigste Produkt im Sortiment kostetzehn Euro. Die Krönung ist zur Zeit ein Kunstwerk aus Perlmutt für6000 Euro. Die Preisskala ist nach oben offen.
Schon die alten Ägypter hatten Fächer benutzt. Die faltbareVersion, wie man sie heute kennt, ist jedoch jünger. Sie soll auf dieErfindung eines Japaners im siebten Jahrhundert zurückgehen. DerLegende nach kam dem Mann die Idee, als er beobachtete, wie eineFledermaus ihre Flügel einklappte. In Europa tauchte der Klappfächererstmals im 16. Jahrhundert auf. Und seither ist er geblieben, vorallem in Spanien.
«Fächer gehören einfach zu uns Spaniern», sagt Marta González. Die42-Jährige arbeitet für die Firma Regalos Alcázar, die unter anderemFächer mit Reklameaufdrucken produziert. Die Werbefächer werden aufStadtfesten und Jahrmärkten des Landes verteilt - natürlich nur imSommer.
Auch bei Touristen sind Fächer ein beliebtes Souvenir. LlerandisKunden sind jedoch zum Großteil Spanier, meistens ältere Damen.Fächer für Herren sind viel seltener und werden nach anderenMaßstäben gebaut: «Sie sind etwas kleiner als normale Damenfächer»,erläutert Llerandi. «Sie haben aber ein breiteres Stück Stoff undsind daher weniger luftdurchlässig.» Dadurch verschaffen sie aufwenig Fläche möglichst viel Luft. Allerdings sind sie etwas schwererzu öffnen. «Aber die Männer machen Fächer sowieso mit beiden Händenauf», sagt der Experte.
Etwa jeder dritte Kunde ist Ausländer. Für die Touristen hält derFächerladen Souvenir-Stücke bereit: Ansichten von Madrid oder Sevillazieren das Blatt. Gerade bei den deutschen Kunden kämen diese Motiveaber weniger gut an. «Deutsche kaufen wie die Spanier», sagt derHändler. Traditionelle Blumenmuster seien ihnen lieber alsStierkampf-Motive oder Flamenco-Tänzer. Junge Leute bevorzugenmoderne Fächer mit abstrakter Malerei.
Zu den Stammkunden gehört eine thailändische Prinzessin, aber auchdas spanische Königshaus kauft in der Casa de Diego. So hielt LetiziaOrtiz bei ihrer Hochzeit mit dem Kronprinzen Felipe einen Fächerseines Hauses in der Hand, erzählt Javier Llerandi und bedauert, dasses in Spanien den Titel eines Hoflieferanten nicht gibt. SeinGeschäft bleibt auch im Winter geöffnet. Dann verkauft die Familieüberwiegend Regenschirme.