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Sommernachts-Kinder Sommernachts-Kinder: Babyboom neun Monate nach der Fußball-WM

Von Chris Melzer 11.02.2007, 13:27
Mit Fußballfan-Utensilien präsentieren sich Frank Schäffer (l.) und Anja Ackermann vor der noch leeren Kinderwiege in ihrem Haus im nordhessischen Lohfelden (Foto vom 06.02.2007). Neun Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaft kündigt sich für Deutschland ein kleiner Babyboom an. Auch das Paar aus Nordhessen erwartet ziemlich genau neun Monate nach dem Endspiel in Berlin Nachwuchs. (Foto: dpa)
Mit Fußballfan-Utensilien präsentieren sich Frank Schäffer (l.) und Anja Ackermann vor der noch leeren Kinderwiege in ihrem Haus im nordhessischen Lohfelden (Foto vom 06.02.2007). Neun Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaft kündigt sich für Deutschland ein kleiner Babyboom an. Auch das Paar aus Nordhessen erwartet ziemlich genau neun Monate nach dem Endspiel in Berlin Nachwuchs. (Foto: dpa) dpa

Kassel/dpa. - Die beiden Nordhessen blieben vor einer Großleinwand hängen undbekamen so hautnah den Sieg der deutschen Mannschaft gegen Schwedenmit. «Wir waren so euphorisiert, das musste sich irgendwiefortsetzen», sagt Jennifer. Die Nacht wird beiden in Erinnerungbleiben - es war die Nacht, in der ihr erstes Kind gezeugt wurde.Kein Einzelfall: Neun Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaftkündigt sich in Deutschland ein Babyboom an.

«Mehr Geburten neun Monate nach solch einem Ereignis sind nur aufdem ersten Blick überraschend», sagt Rolf Kliche von der KasselerGeburtsklinik Dr. Koch. «Die Einstellung des eigenen Körpers und dieRolle der Hormone werden oft unterschätzt. Wer eine positiveGrundstimmung hat, wird auch einfacher schwanger.» Genaue Zahlen übereinen WM-Babyboom gebe es aber erst in ein paar Monaten. «Aber unsereGeburtsvorbereitungskurse sind übervoll.»

Ein Trend, den Kliniken in WM-Städten bestätigen. «Unsere Kursefür werdende Mütter sind praktisch ausgebucht. Wir werden imMärz/April wohl zusätzliche anbieten müssen», heißt es im HamburgerUniversitätskrankenhaus Eppendorf. «Es ist kein Mega-Babyboom, aberdie nächsten beiden Monate ist es schon mehr», sagt auch DorisZeiselmeier, Hebamme an der Frauenklinik der Münchner Universität.Und im Geburtshaus Friedrichshain in Berlin erwartet man viel Arbeit:«Es geht los. Die nächsten Wochen haben wir alle Hände voll zu tun.»

In Berlin waren im Sommer auch Anja Ackermann und Frank Schäffer.«Eigentlich wollten wir ja ins Museum. Aber von der Stimmung wurdenselbst wir Fußballmuffel mitgerissen», bekennt der junge Mann aus demnordhessischen Lohfelden. Letztlich waren beide jeden Abend auf derFanmeile. «Und die Euphorie haben wir dann irgendwie mit ins Hotelgenommen», erklärt die junge Frau, über deren Bauch sich ein T-Shirtmit der Aufschrift «Unterwegs!» spannt. Eine Junge wird es, zur Weltkommen soll er am 8. April - fast auf den Tag genau neun Monate nachdem Endspiel am 9. Juli 2006 in Berlin.

«Im März und April sind unsere Sprechstunden für werdende Mütterkomplett voll», heißt es an der Frankfurter Universitätsklinik. ImFrühjahr würden immer mehr Kinder geboren («ein Produkt aus Sommerund Urlaubszeit»), in diesem Jahr seien es aber mehr als sonst. Unddie Kasseler Hebamme Tanja Jankovic sieht sich und ihre Kolleginnenan der Kapazitätsgrenze: «Wo sonst immer ein bisschen Luft ist, istim März/April alles voll.» Aber Hebammen seien Auf und Ab gewöhnt.«Wir haben zwar keine Statistik, aber ganz subjektiv ist dieses Jahrmehr los», sagt auch Barbara Freischütz. Die Hebamme koordiniert dieSchwangerschaftskurse in Köln. «Wir sind sehr gut gebucht. Und immerwieder erzählen auch Frauen, sie hätten ein Souvenir von der WM»,sagt Freischütz lachend. Ein Babyboom neun Monate nach der großenSause? «Hier in Köln ist das Phänomen bekannt. Das haben wir jedesJahr - nach dem Karneval.»

Auch Heike und Markus Brede befiel nicht nur das Fußball-Fieber.«Freunde hatten einen Beamer in der Garage aufgebaut, dazu der Grill- und die WM-Stimmung war da», sagt der Mann aus dem hessischenVellmar. Am 11. März soll noch etwas anderes da sein: Ein kleinesMädchen, deren Ursprünge in etwa auf das Eröffnungsspiel am 9. Junizurückgehen. «Da haben wir wohl von dem Jubel etwas mit nach Hausegenommen», sagt Heike. Es ist das zweite Kind für die beiden, der gutzwei Jahre alte Marlon musste seinen Wickeltisch räumen. «Jetzt freuter sich auch. Obwohl er lieber eine Katze haben wollte.»

Jennifer Koch und ihr Freund Tobias sind mittlerweile Fußballfans.«Nicht die ganz Verrückten, aber ab und zu bleiben wir dann dochhängen.» Immerhin verbinde beide mit dem Ball eine wertvolleErinnerung: «Die bestgenutzte Halbzeitpause unseres Lebens.»