Stromausfall Brandanschlag durch Linksextreme - dritter Tag ohne Strom
Tiefbau in vier Metern, Notversorgung für Kranke, Schäden für Firmen: Der längste Stromausfall seit 25 Jahren in Berlin stellt die Menschen vor Herausforderungen. Schuld sollen Linksextreme sein.

Berlin - Der Brandanschlag auf die Stromversorgung im Berliner Südosten geht nach Einschätzung der Ermittler auf das Konto linksextremer Täter. Ein im Internet veröffentlichtes Bekennerschreiben werde als authentisch eingeschätzt, sagte Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Abgeordnetenhaus. Es weise Ähnlichkeiten auf mit einem Bekennerschreiben zu einem ähnlichen Brandanschlag im Februar nahe der Tesla-Autofabrik in Brandenburg.
„Wir gehen vom Täterkreis aus dem linksextremistischen Spektrum aus“, sagte die Innensenatorin. „Das heißt also: Nicht aus dem Ausland, sondern aus dem Inland.“ Die Täter seien mit hoher krimineller Energie und sehr professionell vorgegangen.
Der Brandanschlag auf zwei Strommasten nahe dem Stadtteil Adlershof mit seinem Technologiegelände im Südosten Berlins hatte am frühen Dienstagmorgen zunächst rund 50.000 Kunden betroffen. Im Laufe des ersten Tages und der ersten Nacht wurden 30.000 Haushalte wieder an das Netz gebracht, so dass am Mittwoch noch 20.000 ohne Strom übrig blieben. Am dritten Tag waren dann heute trotz aller Bemühungen der Stromnetz GmbH noch immer Tausende Menschen ohne Elektrizität.
Umsatzverluste und Ausfälle in Adlershof
Der Technologiepark Adlershof konnte den Betrieb noch nicht wieder aufnehmen. „Wir haben noch keinen Strom“, sagt Roland Sillmann, Geschäftsführer des Parks, im RBB-Inforadio. Viele Firmen hofften, am Wochenende arbeiten zu können, um Verluste zumindest teilweise auszugleichen.
Besonders betroffen seien Unternehmen mit Laboren, Produktion oder Messtechnik. „Die sind momentan kaum arbeitsfähig“, sagte Sillmann. In einer typischen Woche liege der Umsatz aller Firmen bei etwa 100 Millionen Euro. Der Schaden sei aktuell noch nicht bezifferbar. Einige Firmen lagerten Kühlgut zu Angestellten nach Hause aus. Sogenannte Reinräume müssten teilweise komplett neu hochgefahren werden - das könne Tage oder Wochen dauern.
Komplexe Reparaturarbeiten
Der Netzbetreiber Stromnetz sprach zuletzt von 13.700 betroffenen Kunden im Bezirk Treptow-Köpenick, wie viele Menschen genau in den betroffenen Wohnungen leben, war nicht bekannt. Bis spätestens zum Donnerstagabend sollen alle Wohnungen, Läden, Straßenlaternen und andere Einrichtungen wieder Elektrizität haben, so das Versprechen.
„Wir sind sehr optimistisch, dass wir am frühen Abend mit der Zwischenlösung fertig sind und alle versorgen können“, sagte ein Sprecher. „Die Arbeit ist sehr, sehr komplex, aber wir machen Fortschritte.“
Mittwochnachmittag erhielten über eine Zwischenlösung weitere rund 6.000 Haushalte wieder Strom. Diese Verbindungsleitung fiel allerdings schnell wieder aus und wurde erst am heutigen Morgen wieder aufgebaut.
Arbeiten an Starkstromkabeln in vier Meter Tiefe
Auch in der vergangenen Nacht sei in vier Meter Tiefe an dem vom Brandanschlag beschädigten Strommast gearbeitet worden. Dort werden Starkstromkabel freigelegt und verbunden, um die zerstörten Stellen und den Mast zu umgehen. Diese Zwischenlösung werde auch länger bestehen bleiben, wenn dann demnächst der Mast repariert werden könne, sagte der Sprecher. Zum Glück sei der Mast trotz des Feuers weiter nutzbar.
Stromverbrauch reduzieren
Stromnetz Berlin appellierte weiter an alle Kunden, die vom Stromausfall betroffen waren und schon wieder versorgt sind: „Bitte reduzieren Sie Ihren Stromverbrauch. So können wir Ihre eigene Stromversorgung stabil halten und - wenn technisch möglich - weitere Kunden ans Netz anschließen.“
Zugleich wies das Unternehmen darauf hin, dass es nochmals zu kurzzeitigen Stromunterbrechungen kommen könne, wenn alle Leitungen wieder angeschlossen seien.
Bezirk: Sauerstoffversorgung für kranke Menschen bereitgestellt
Der Bezirk Treptow-Köpenick teilte mit, dass auch Menschen, die Sauerstoff benötigten, an einer der Anlaufstellen der Hilfsorganisationen unterstützt würden.
Zudem wies das Bezirksamt Betriebe auf die Gefahr hin, die von Lebensmitteln ausgehen könnten, wenn sie aufgrund des Stromausfalls nicht ordnungsgemäß gekühlt werden könnten. Betriebe wurden aufgefordert, Nahrungsmittel zu kontrollieren und im Zweifel zu entsorgen.
Den Angaben zufolge ist der Stromausfall bereits der längste in Berlin seit mindestens 25 Jahren. Beim letzten großen Blackout 2019 in Köpenick waren mehr als 30.000 Haushalte rund 30 Stunden lang ohne Elektrizität.