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Schwule und Lesben Schwule und Lesben: 450 000 feiern beim Christopher Street Day in Berlin

Von Axel Hofmann 22.07.2006, 15:52
Mit einem Modell des Brandenburger Tors auf dem Kopf gehen zwei Männer am Samstag (22. Juli) in Berlin beim Christopher Street Day (CSD) über den Kurfürstendamm. (Foto: dpa)
Mit einem Modell des Brandenburger Tors auf dem Kopf gehen zwei Männer am Samstag (22. Juli) in Berlin beim Christopher Street Day (CSD) über den Kurfürstendamm. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Andere Besucher passtenihre Kleidung den hochsommerlichen Temperaturen an und tanztenausschließlich mit hautengen Leder-Shorts und einer Federboabekleidet über den Kurfürstendamm.

«Verschiedenheit und Recht und Freiheit» lautete das Motto bei dertraditionellen CSD-Parade, mit der Lesben und Schwule für mehrGleichberechtigung und größere Toleranz werben. Berlins RegierenderBürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der sich offen zu seinerHomosexualität bekennt, wurde bei der Abschlusskundgebung an derSiegessäule als «unsere Landesmutter» begrüßt. Er sagte, der CSD seinicht nur «eine machtvolle Demonstration für Gleichberechtigung,gegen Diskriminierung und für Toleranz», sondern auch eine«Demonstration aller anständigen Menschen».

Mit dem CSD erinnern Schwule und Lesben jedes Jahr an diePolizeieinsätze gegen die Homosexuellen-Szene in New York im Juni1969. Daher hat die Parade auch einen starken politischen Charakter -erst recht, seit in einigen osteuropäischen Staaten zunehmendRepressalien und tätliche Übergriffe gegen Homosexuelle zuverzeichnen waren. So mischten sich zahlreiche Lesben und Schwule ausPolen unter die Teilnehmer, denn für sie ist Berlin eine Art liberaleZufluchtsstätte.

In der lettischen Hauptstadt Riga hatten erst am Samstag radikaleHomosexuellen-Gegner Pfarrer und Politiker mit Fäkalien überschüttet.Die Rigaer Stadtverwaltung hatte im Gegensatz zum Vorjahr diesmaleine Homosexuellen-Parade verboten. Als die Veranstalter stattdesseneine Pressekonferenz und einen Gottesdienst organisierten, kam es zudem Tumult. Der deutsche Grünen-Politiker Volker Beck kritisierte dasVerbot als «Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention».Beck war im Mai bei einer Schwulen-Demonstration in Moskau verletztworden. In Berlin wurde Beck jetzt für seinen jahrelangen Einsatz fürdas Lebenspartnerschaftsgesetz mit dem Zivilcouragepreis des CSDgeehrt.

Auch die bevorstehende Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus prägtedie Parade. CDU-Gegenkandidat Friedbert Pflüger zeigte Präsenz undsagte, Wowereit sollte nicht nur gewählt werden, weil er schwul ist.

Trotz der politischen Botschaft zeigte sich der CSD vor allem alsgroße Party. Wummernde Discobeats und leicht bekleidete Tänzererinnerten viele Besucher an die Love Parade, die eine Woche zuvordurch den Tiergarten gezogen war. Von vielen Wagen wurde Kondomegeworfen - ähnlich den «Kamelle» beim Karnevalsumzug. Auch dieFußball-Weltmeisterschaft zeigte Nachwirkungen: Eine Drag-Queen trugein Kunstrasen-Kleid mit Fußbällen als Brüsten, und der Wagen derBerliner Verkehrsbetriebe war mit Luftballons in den Farben Schwarz,Rot und Gold geschmückt. Beim Aufräumen der Partymeile nutzte dieStadtreinigung für ihre Eigenwerbung ein Wortspiel mit dem schwulenKosenamen für Heterosexuelle: «Nach der Fete fegt die Hete.»