Schweinegrippe: Sorge nach Todesfall auf Mallorca
Madrid/Berlin/dpa. - Der Tod einer jungen Touristin durch die Schweinegrippe auf der Ferieninsel Mallorca bereitet den spanischen Behörden große Sorgen. Bei der Nigerianerin sei das H1N1-Virus außerordentlich aggressiv gewesen, sagte Gesundheitsministerin Trinidad Jiménez am Freitag in Madrid.
Zuvor waren oft chronisch Kranke an dem Erreger gestorben. «Sie (aber) war eine junge und gesunde Frau.» Moderne Grippemittel hätten in ihrem Fall nicht gewirkt. Im Urlaub und auf Schulabschlussfahrten infizierten sich auch viele Deutsche in Spanien mit der Schweinegrippe.
Deutschland plant unterdessen, im Herbst zunächst 22,5 Millionen Menschen impfen zu lassen. Die Krankenkassen bestimmen und benachrichtigen zunächst diejenigen Versicherten, die in der ersten Impfwelle zum Zuge kommen sollen. Das geht aus einem Verordnungsentwurf hervor, der der Deutschen Presse-Agentur dpa am Freitag in Berlin vorlag.
Erfasst werden sollen in einer ersten Impfwelle Patienten mit chronischen Krankheiten der Atmungsorgane, chronischen Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes und anderen Stoffwechselkrankheiten, schwerer Fettleibigkeit, Multipler Sklerose mit durch Infektionen ausgelösten Schüben, angeborenen oder erworbenen Immundefekten und HIV-Infektion sowie Schwangere. Auch die Beschäftigten in Krankenhäusern, Praxen, Pflege- und Reha-Einrichtungen, Krankentransportunternehmen und Gesundheitsämtern werden geimpft, ebenso Polizisten und Feuerwehrleute.
Die erste Impfwelle für 22,5 Millionen Menschen kostet die gesetzlichen Kassen rund 0,6 Milliarden Euro. «Erforderlichenfalls kann in weiteren Schritten der Leistungsanspruch auf alle gesetzlich Krankenversicherten ausgedehnt werden», heißt es in dem Entwurf. Nach Schätzungen von Fachleuten wird die gesamte Impfaktion dann zwei Milliarden Euro kosten. Die Impfungen sind freiwillig.
Das Schweinegrippe-Virus kann nach Forscherangaben noch gefährlicher für den Menschen werden als es derzeit ist. «Das Virus scheint sein Potenzial, was Gefährlichkeit und Anpassung an den Menschen angeht, noch nicht voll ausgeschöpft zu haben», sagte der Marburger Virologie-Professor Hans-Dieter Klenk der dpa. Eine stärkere Anpassung würde zur Folge haben, dass das H1N1-Virus leichter von Mensch zu Mensch übertragbar wäre.
Viele Deutsche infizieren sich auf Mallorca
In Deutschland haben sich nach jüngsten Daten des Robert Koch-Instituts bislang 834 Menschen mit dem Virus angesteckt. Viele davon schleppen es derzeit aus den Urlaubsregionen Spaniens ein. So haben sich von den 242 Schweinegrippekranken in Niedersachsen 181 in Spanien angesteckt. «Unser Eindruck ist, dass davon 80 bis 90 Prozent auf Mallorca waren», sagte ein Mitarbeiter des Landesgesundheitsamtes. Ein Großteil der 30 neuen Fälle in Schleswig-Holstein in der vergangenen Woche gehen nach Behördenangaben auf mehrere Abschlussfahrten von Abiturienten nach Spanien zurück. Auf Mallorca machten nach Auskunft des Spanischen Fremdenverkehrsamtes im Juli vergangenen Jahres mehr als 500 000 Deutsche Urlaub.
Die Nigerianerin ist das erste Todesopfer der Schweinegrippe auf Mallorca. Die in Madrid lebende Frau hatte einige Tage Urlaub bei einer Freundin auf der Insel verbracht. Am vergangenen Wochenende war sie mit Atembeschwerden und Fieber in ein Krankenhaus der Hauptstadt Palma eingewiesen worden, wo sie am Donnerstag starb. Nach der Infektion mit dem H1N1-Virus habe sie eine Lungenentzündung erlitten, hieß es. Die Zahl der Schweinegrippe-Toten in Spanien stieg damit auf vier. Landesweit sind bislang rund 1200 Fälle bestätigt worden, nur 12 davon auf Mallorca und den übrigen Balearen-Inseln.
Das mit weitem Abstand am stärksten von der neuen Grippe betroffene europäische Land ist Großbritannien. Die EU-Seuchenbehörde ECDC hat dort fast 10 000 Fälle registriert. 29 - zumeist chronisch kranke - Menschen sind nach Angaben britischer Behörden gestorben. Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Die Gesundheitsbehörde HPA schätzt nach Ärztebefragungen, dass allein in der vergangenen Woche nur in England 55 000 neue Infektionen hinzukamen. Werde im Winter etwa ein Drittel der Menschen sich den Erreger eingefangen haben, könne es zwischen 19 000 und 65 000 Tote geben. Die EU-Seuchenbehörde registrierte seit Ende April weltweit fast 130 000 Schweinegrippefälle, 679 der Patienten starben.