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Schweden Schweden: Wölfe in Tierpark töten Wärterin

Von André Anwar 18.06.2012, 08:07

Stockholm/MZ. - Die Werbung klingt im Nachhinein makaber. "Noch wilder - noch spannender", so lautet die Sommerferienwerbung des Tierparks Kolmarden in der Nähe der mittelschwedischen Stadt Norrköping. Vor allem Familien mit kleinen Kindern sollen in die abenteuerliche Welt des Tierparks gelockt werden. Zu den beliebtesten Attraktionen in Kolmarden gehört die Möglichkeit für Besucher, unter Aufsicht des Personals das Wolfsgehege zu betreten. Der Tierpark wirbt unter dem Motto "Nahkontakt mit Wölfen". Über eine Stunde lang dürfe man mit den eigentlich gar nicht so gefährlichen Tieren zusammen sein, heißt es im Internet.

Gründe sind noch ungeklärt

Nun hat der Tierpark mehr Aufmerksamkeit, als ihm lieb sein kann. Wölfe haben eine Wärterin überwältigt und getötet. Kollegen fanden die 30-Jährige Frau leblos im Freigehege des Rudels, das sie allein betreten hatte. "Wir glauben, dass es sehr schnell gegangen ist für sie", sagte der Chef des Tierparks, Mats Höggren, am Montag einer Boulevardzeitung. Die Frau habe es am Sonntag kurz nach Beginn der Öffnungszeit nicht mehr geschafft, über Funk Hilfe herbeizurufen. Die Wärterin galt als erfahren und vertraut mit den acht Wölfen. Die Kollegen konnten die Leiche der Wärterin aus dem Gehege holen, ohne einen der Wölfe zu erschießen. "Es ist derzeit unmöglich zu sagen, wie das passieren konnte. Es gab keine Augenzeugen. Die Polizei führt deshalb einen technische Untersuchung durch", so der Tierparkleiter.

Das Nahkontakt-Programm für Besucher wurde sofort ausgesetzt. Höggren räumte ein, dass es in der Vergangenheit einige "kleinere Vorfälle" mit den Wölfen gegeben habe. So sei etwa ein 15-jähriges Mädchen gebissen worden. Es sei in Panik geraten und habe die Tiere dadurch erschreckt, so die Begründung. Vor zwei Jahren wurde eine 21-Jährige von einem einjährigen Wolf auf den Boden gezogen, wo er ihr in den Arm biss. Der Frau gelang die Flucht mit Hilfe der anderen Besucher. Laut der Tierparkleitung war der Übergriff keine aggressive Handlung. Der junge Wolf habe lediglich spielerischen Kontakt gesucht.

Experten sagten auch nach dem Todesfall, dass Attacken der Tiere auf Menschen äußerst selten seien. "Wölfe in Gefangenschaft haben vor Menschen keine Angst mehr. Sie halten sie für eine Art künstliche Wölfe", sagte ein Experte. Wahrscheinlich habe die Wärterin etwas Spezielles getan, was bei den Tieren ein "Mobbingverhalten" ausgelöst habe.

Letzter Todesfall 1821

Schweden streitet leidenschaftlich gern über den Umgang mit Wölfen. Viele städtische Schweden wollen Wölfe schützen lassen und ihre Bestände aufpäppeln. Die Angst vor den Wölfen sei viel größerer als die wirkliche Gefahr, sagen Tierschützer gern. Zuletzt hatte 1820 und 1821 ein in Gefangenschaft aufgewachsener und dann freigelassener Wolf innerhalb von drei Monaten zwölf Menschen getötet, meist Kinder. Dem kurz darauf erlegten Tier fehlte die natürliche Furcht vor Menschen - genauso wie den Wölfen im Tierpark.

Die schwedische Landbevölkerung würde die Wölfe dagegen lieber ganz ausrotten, aus Angst um die eigenen Kinder und das Vieh. Die bürgerlichen Parteien konnten die seit Jahrzehnten dominierenden Sozialdemokraten auch deshalb 2006 von der Macht verdrängen, weil sie sich für die Wolfsjagd aussprachen. Seither dürfen pro Jahr etwa zehn Prozent der 200 wild in Schweden lebenden Wölfe abgeschossen werden.

Wölfe im schwedischen Tierpark Kolmården haben eine Wärterin getötet. (FOTO: DPA)
Wölfe im schwedischen Tierpark Kolmården haben eine Wärterin getötet. (FOTO: DPA)
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