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Schmidt besorgt über mögliche Virus-Mutationen

12.06.2009, 17:32

Berlin/Genf/dpa. - Angesichts der ersten Grippepandemie seit 40 Jahren ist Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) besorgt über ein Zusammentreffen der Schweine- und der saisonalen Grippe im Herbst. Wenn beide Erreger sich mischten, könne es gefährliche Mutationen geben, erläuterte Schmidt.

Die Ministerin setzt auf Impfstoffe gegen beide Erreger. Bis Mitte Juli solle international über Impfplanungen entschieden werden, sagte Schmidt am Freitag in Berlin.

Nach Angaben des Bundesinstituts für Impfstoffe ist die Produktion von Impfstoff für die saisonale Grippe bereits abgeschlossen. Alle Hersteller hätten inzwischen das sogenannte Saat-Virus mit dem abgeschwächten Erreger der neuen Schweinegrippe von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekommen, sagte eine Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen bei Frankfurt. Die Herstellung eines Schweinegrippe-Impfstoffs könne damit beginnen.

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen betonte allerdings, selbst unter idealen Bedingungen werde es mehrere Monate dauern, bis Impfstoffe gegen den neuen Grippeerreger entwickelt, zugelassen und in ausreichenden Mengen produziert sind. Bis dahin müssten sich die Menschen vor allen Dingen durch sorgfältige Hygiene vor einer Ansteckung schützen. Bei Infizierten könne versucht werden, den Verlauf der Erkrankung durch die vorhandenen Grippemittel zu mildern, von denen Deutschland und viele andere Ländern größere Vorräte angelegt hatten.

Auch der Düsseldorfer Medizin-Professor Dieter Häussinger rief die Bürger zu sorgfältiger Hygiene auf. Das Virus verbreite sich wie die herkömmliche Grippe über Tröpfcheninfektionen, erläuterte er in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Deshalb könne jeder Einzelne einer Ansteckung vorbeugen, indem er sich häufig die Hände wasche und benutzte Papiertaschentücher wegwerfe. «Das Virus verbreitet sich leicht. Bei mehr Neuinfektionen wird die Chance größer, dass sich das Virus schlechtere Eigenschaften aneignet», erläuterte Häussinger. Das Tragen eines Mundschutzes sei jedoch übertrieben.

Der Würzburger Tropenarzt August Stich sagte im ARD- «Mittagsmagazin», «man kann sich überlegen, ob man Massenveranstaltungen und Discobesuche meidet». Es gebe allerdings keinen Grund, in Panik zu verfallen. Noch sei unklar, ob sich die Situation verschärfen werde. «Bisher haben sich nur junge Reisende angesteckt. Kein Mensch weiß, was passiert, wenn die neue Grippe in die normale Bevölkerung einbricht, das heißt, wenn alte, immungeschwächte Patienten mit betroffen werden.»

Die Zahl der Schweinegrippe-Fälle steigt in Nordrhein-Westfalen weiter an. Am meisten betroffen ist weiterhin die Japanische Schule in Düsseldorf. Dort summierte sich die Zahl der an dem neuen H1N1- Virus Erkrankten bis zum Freitagabend auf 51 Kinder und vier Eltern. Wie die Stadt weiter mitteilte, stieg die Gesamtzahl der Schweinegrippe-Fälle in Düsseldorf inzwischen auf 67. Untersucht werden alle ermittelten Kontaktpersonen der erkrankten Schüler. Zwei Labore in Düsseldorf werten mehrere hundert Proben aus. Zwei Drittel der betroffenen Kinder besuchen die sechste Klasse. Sie befinden sich mit ihren Familien in häuslicher Quarantäne. Die Japanische Schule mit ihren mehr als 500 Schülern bleibt bis zum 20. Juni geschlossen.

Bundesweit hat das Robert Koch-Institut bislang 111 Schweinegrippefälle bestätigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat knapp 30 000 Fälle in 74 Ländern registriert. 145 dieser Patienten sind gestorben. Am Donnerstag hatte die WHO die Schweinegrippe zu einer Epidemie von globalem Ausmaß (Pandemie) hochgestuft.