Schlagersänger Schlagersänger: Tony Marshall haut noch einmal auf die Pauke

Baden-Baden/dpa. - Sein schönstes Geschenk macht Tony Marshall sich selbst. «Ich gehe im Herbst mit Anatevka auf Tournee. Und ich spiele den Tewje. Diese Rolle ist mir auf den Leib geschnitten», sagt er voller Vorfreude. Dies sei sein absoluter Höhepunkt. Und das Publikum werde den ersten Tewje erleben, der selbst echt Geige spielt. «Die wundersame Wandlung des Künstlers Tony Marshall» konstatiert der Schlagersänger, froh darüber, dass er auch mit 65 Jahren noch kräftig auf die Pauke haut.
Am 3. Februar feiert Herbert Anton Hilger, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, Geburtstag - auf Tournee, wie es sich für einen Künstler gehört. Wie immer in den vergangenen zehn Jahren ist er von Januar bis März unterwegs, tritt an 64 Tagen auf, in Hallen mit bis zu 3000 Zuhörern. Unterbrochen wird die Tour nur von der Geburtstags-Show «Einer wie Du», die im Europa-Park Rust aufgezeichnet wird. 292 Gäste kommen zum Gratulieren, darunter Lena Valaitis, Roberto Blanco und Ireen Sheer.
Seit 45 Jahren ist der volkstümliche Sänger im Geschäft - bei seinen Millionen-Hits trällern und schunkeln seine Fans mit: «Schöne Maid», «Komm gib' mir Deine Hand», «Ich fang' für Dich den Sonnenschein», «Heute hau'n wir auf die Pauke» oder «Junge, die Welt ist schön». «Ich habe Glück gehabt», sagt der frühere Croupier der Spielbank Baden-Baden.
Auch mit 65 fühlt sich Tony Marshall in seiner Rolle als Stimmungskanone und Fröhlichmacher der Nation wohl. «Es macht mir wahnsinnig Spaß, vor Publikum aufzutreten.» Deshalb denkt er auch nicht ans Aufhören. «Wer soll mir Rente zahlen?» fragt er. Er sieht jedoch, dass es seiner Branche derzeit schlecht geht. «Schlager und Volksmusik stecken in einer Krise», erklärt er. «Wir erreichen nicht mehr die Jugend, die Zeitgeist und Mode liebt. Die Jungen fahren heute auf Gruppen ab. Dort gibt es frische Erotik, weshalb wir Alten unsere Schwierigkeiten haben.» Schlager würden nur noch jene Menschen mögen, die «mit uns alt geworden sind».
Allerdings kennt Tony Marshall auch den Grund, warum Schlager keine Hits mehr sind: Viel Schrott sei auf dem Markt. «Jeder hat doch im Keller eine CD gebrannt und gedacht: Ich bin Michael Jackson.» Er selbst ist froh darüber, dass er immer noch sein Publikum erreicht und auch im Fernsehen präsent ist. Um nah an den Fans zu sein, war sich der Künstler nie zu schade, auch bei Schützenfesten oder in Kaninchenzüchter-Vereinsheimen aufzutreten.
Im Licht der Kameras glänzte er bei den TV-Sendungen «Tony Marshall-Show» oder «Viva la Musica». Nebenbei spielte der an den Musikhochschulen in Freiburg und Karlsruhe ausgebildete Sänger auch Opern-Rollen, wie den Papageno in Mozarts «Zauberflöte». Neben allem «Humba Tätärä» beherrsche er auch ernsthafte Musik und spiele sechs Instrumente. Sein schönstes Kompliment erntete er nach einem Auftritt auf einem Kreuzfahrtschiff: Da sei eines Morgens ein Gast auf ihn zugekommen und habe gesagt: 'Herr Marshall, ich habe gar nicht gewusst, dass Sie tatsächlich singen können.'
Daheim in seiner Geburtsstadt Baden-Baden kümmert er sich um Ehefrau Gabriele, seine Sandkastenliebe, mit der er bald 41 Jahre verheiratet ist, um die drei Kinder und fünf Enkel. Er hört gerne klassische Musik, von Caruso besitzt er eine lückenlose Schallplattensammlung («komplett von 1904 bis 1921»). Ab und zu gönnt sich der frühere badische Jugendmeister im Kugelstoßen und Diskuswerfen auch eine Havanna. «Mir geht es blendend», stellt er zufrieden fest.