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Schiffahrt Schiffahrt: Wer zahlt eine halbe Million Euro für die DDR-Staatsyacht?

19.05.2005, 19:22

Halle/MZ. - Einst war sie der Stolz der DDR-Führung, jetzt wird sie im Internet unter www.gebrauchtboote.de angeboten: die ehemalige Staatsyacht "Ostseeland". Für 500 000 Euro will der Eigentümer, der türkische Textilunternehmer Senol Yegin, das mittlerweile auf "Aniara" umgetaufte Schiff verkaufen. Grund: Es habe sich für die geplanten Kreuzfahrten als ungeeignet erwiesen. Damit endet im Hafen von Istanbul, wo die Yacht derzeit liegt, ein weiteres Kapitel ihrer Nach-Wende-Odyssee.

Die "Ostseeland" wurde 1970 auf der Peene-Werft in Wolgast auf Basis eines Minenräumschiffes gebaut - für 15 Millionen DDR-Mark. Staats- und Parteichef Erich Honecker nutzte die Yacht allerdings nur selten - wie es heißt, litt er unter Seekrankheit. Die überwand er lediglich, wenn es Staatsgästen zu imponieren galt, wie dem rumänischen Diktator Nicolae Ceaucescu oder dem kubanischen Staatsführer Fidel Castro. Das Schiff war nicht nur mit gepanzerten Bullaugen und Luftfiltern gegen chemische Attacken ausgerüstet - jede der 16 Kabinen, außer der Honeckers, konnte abgehört werden.

Nach der Wende gelangte die Yacht zunächst auf nicht ganz geklärten Wegen in den Besitz einer Reederei mit Sitz auf Malta. Später wurde sie in den Niederlanden gesichtet, auf einer schwedischen Werft und schließlich in Dänemark. Jahrelang fand sich kein Käufer, bis Senol Yegin, der unter anderem eine Fabrik im sächsischen Seifhennersdorf betreibt, die Yacht 1998 bei einer Zwangsversteigerung erwarb.

Laut Verkaufsangebot befindet sich das Schiff "im Originalzustand". Das heißt: Die Einrichtung versprüht den muffigen Charme, den die Politbürokraten für Luxus hielten. Weil aber auch die technische Ausstattung original erhalten ist, dürfte die "Ostseeland" eher ein Fall fürs Museum als für die Weltmeere sein. Jörg Müller