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Russland Russland: Mehr als 70 Tote bei Kraftwerksunfall befürchtet

Von Ulf Mauder und Wolfgang Jung 17.08.2009, 14:47
Rettungskräfte stehen vor den Trümmern der Maschinenhalle des Wasserkraftwerks Sajano-Schuschenskaja nahe Sajanogorsk in der russischen Teilrepublik Chakassien. (FOTO: DPA)
Rettungskräfte stehen vor den Trümmern der Maschinenhalle des Wasserkraftwerks Sajano-Schuschenskaja nahe Sajanogorsk in der russischen Teilrepublik Chakassien. (FOTO: DPA) RIA NOVOSTI

Moskau/dpa. - Überlebende sprachen am Tagnach dem Unfall am Sajano-Schuschensker Stausee in Sibirien von«Zuständen wie bei einem Tsunami». Die Betreibergesellschaft nanntees am Dienstag «unwahrscheinlich», dass in den Trümmern desüberfluteten und zerstörten Maschinenraums die 64 Vermissten nochlebendig gefunden würden. Am Nachmittag waren zwölf Todesfällebestätigt. Nach Darstellung von Katastrophenschutzminister SergejSchoigu besteht keine Gefahr, dass die Staumauer des Kraftwerkseinstürzt.

In der Anlage kam es aus bisher nicht geklärter Ursache zu einerschweren Turbinenexplosion, in deren Folge tausende Tonnen Wasser inden Maschinenraum stürzten. Augenzeugen schilderten der MoskauerBoulevardzeitung «Komsomolskaja Prawda», dass alles blitzschnellgegangen sei. Plötzlich habe das etwa vier Grad Celsius kalte Wasser20 Meter hoch gestanden, schrieb das Blatt am Dienstag.

Nach Angaben der Zeitung «Kommersant» riss das Wasser innerhalbvon Sekunden eine mächtige Mauer nieder. Die Behörden hätten besorgteAnwohner am Telefon lange mit der Behauptung abgewehrt, bei denVorgängen in der Anlage handele sich um eine Routine-Schutzübung.

Der leitende Arzt eines nahen Krankenhauses sagte, die Bevölkerungmüsse sich «auf das Schlimmste» gefasst machen. Die in seine Klinikgebrachten Überlebenden hätten von einer «Katastrophe» gesprochen,sagte Viktor Lebedew dem Internetportal Life.ru. «Als das Wassereindrang, brach einer der Arbeiter verzweifelt eine Tür auf, einanderer konnte sich nicht mehr mit dem Aufzug retten», zitierteLebedew aus den Schilderungen. Die Verletzten seien unterkühltgewesen und hätten Öl und viel Wasser in den Lungen gehabt.

Die Familien der Angestellten haben 64 Angehörige als vermisstgemeldet. Mindestens zwei Arbeiter kamen mit dem Leben davon, weilsie sich verspäteten. Insgesamt waren am Dienstag mehr als 1000Rettungskräfte im Einsatz, um die Schäden zu beseitigen. Die Familiender Arbeiter hofften weiter, dass sich ihre Angehörigen vielleicht ineinem Hohlraum in Sicherheit bringen konnten.

Die russische Führung sagte den Angehörigen je Todesfallumgerechnet 20 000 Euro Soforthilfe zu. Medien in Moskau bezeichnetendas Unglück als schlimmste Katastrophe für die Energieversorgung desLandes seit Jahren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einesmöglichen Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften. NachRecherchen des «Kommersant» hatte ein lokaler Ingenieur bereits 1998in einem Fachartikel Zweifel an der Stabilität der Statik geäußert.

Laut Katastrophenschutz der Stadt Krasnojarsk wird dievollständige Reparatur der Anlage am Fluss Jenissei in Südsibirien,die auch ein Aluminiumwerk des Oligarchen Oleg Deripaska mit Stromversorgt, vier Jahre oder länger dauern. Analysten bezifferten diefinanziellen Verluste für den börsennotierten Betreiber RusHydro aufmonatlich etwa 33 Millionen Euro. Die Reparaturkosten würden 200Millionen Euro zusätzlich betragen.

Die russische Führung hatte erklärt, den Bedarf für dieEnergieversorgung künftig aus anderen Quellen zu decken. Anwohnerbefürchteten steigende Energiekosten. In der Region kam es nach derHavarie zu mehreren Stromausfällen. Zudem waren auch Experten zurBekämpfung eines Ölteppichs im Einsatz, der sich nach der Explosionauf dem 320 Kilometer langen Stausee auf einer Fläche von 25Quadratkilometern gebildet hatte.

Das Foto von der Webseite von RusHydro zeigt den Staudamm des Kraftwerks Sajano-Schuschenskaja am Jenissei im Osten von Sibirien (FOTO: DPA)
Das Foto von der Webseite von RusHydro zeigt den Staudamm des Kraftwerks Sajano-Schuschenskaja am Jenissei im Osten von Sibirien (FOTO: DPA)
JSC RusHydro