Russland Russland: Armenischer Airbus stürzt ins Schwarze Meer

Moskau/Eriwan/dpa. - Es gebe keine Hoffnung auf Überlebende,teilte der Zivilschutz in Moskau mit. Unter den Opfern waren auchfünf Kinder. Der vor elf Jahren gebaute Airbus der Fluglinie Armaviastürzte beim Landeanflug auf den Flughafen des Badeortes Sotschi imsteilen Winkel ins Meer. Zuvor hatte die Flugüberwachung eineUnwetterwarnung verbreitet. An der Schwarzmeerküste zählt diearmenische Diaspora eine Million Menschen.
Am Flughafen von Sotschi beklagten wartende Angehörige fehlendeAuskünfte der Behörden. «Wir haben bei uns im Dorf an jede Türgeklopft, damit die Menschen davon erfuhren», sagte ein Mann demFernsehsender NTW. Eine Mutter beweinte den Verlust ihres Kindes.«Gar nichts weiß ich bislang. Nur so viel, dass mein sechs Jahrealter Sohn mitgeflogen ist», brach es aus der Frau heraus.
Auf dem Flughafen der armenischen Hauptstadt Eriwan, von wo dieUnglücksmaschine in Richtung Sotschi gestartet war, versammelten sichnach der Schreckensnachricht Dutzende Angehörige. «Wir wollten dochheiraten», rief der junge Armenier Gurgen Seronjan. Seine 23-jährigeVerlobte arbeitete als Stewardess auf dem Flug RNV 967. Eineverzweifelte Großmutter schlug nach der Nachricht vom Schicksal ihrerEnkeltochter die Hände über dem Kopf zusammen.
Im Tagesverlauf schickte die betroffene Fluglinie Armavia zweiFlugzeuge mit Angehörigen und Luftfahrtexperten nach Sotschi. Dortmachte am Nachmittag ein Schiff mit den Leichen von 46 Fluggästen undBesatzungsmitgliedern am Ufer fest. Rettungskräfte orteten das Wrackin einer Tiefe von 600 Metern im Schwarzen Meer. An der Absturzstellefünf Kilometer vor der Küste suchten die Besatzungen von 40 Schiffennach Leichen und Flugzeugtrümmern.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Moskau schloss einenTerroranschlag aus. Die Agentur Interfax zitierte einen namentlichnicht genannten Experten des Flughafens von Sotschi mit den Worten,der Unfall sei auf menschliches Versagen zurückzuführen. Wegen zuschlechter Sicht beim Landeanflug habe die Besatzung die Anweisungvom Tower erhalten, wieder auf eine Höhe von 600 Meter zu steigen.Dieses Manöver konnte nur mit einer steilen Kurve erfolgen, weil derZielflughafen von bis zu 1300 Meter hohen Bergen umgeben ist. «Dabeibetrug die Geschwindigkeit der A320 etwa 250 Stundenkilometer. Daswar zu langsam für einen Steigflug», sagte der russische Flugexperte.
Die betroffene Fluggesellschaft nannte schwierigeWetterverhältnisse als Unfallursache. Die russischen Behördenwidersprachen der Version, das Flugzeug sei von einem Wirbelsturmerfasst worden. Der Airbus verschwand gegen 2.15 Uhr Ortszeit (0.15Uhr MESZ) von den Radarschirmen. Zuvor hatten die Piloten erst dieAnweisung erhalten, wegen schlechten Wetters nach Eriwan umzukehren.Kurz darauf kam dann doch aus Sotschi die Landeerlaubnis. Ausungeklärter Ursache mussten die Piloten einen ersten Landeversuchabbrechen. Beim zweiten Anflug auf Sotschi ereignete sich dieKatastrophe. Die Piloten sendeten kein Notsignal.
Die russische Marine wollte mit einem Tauchroboter nach denFlugschreibern der Unglücksmaschine suchen. Nach Angaben derarmenischen Regierung war der Airbus noch im April von einerbelgischen Firma überprüft worden. Fast alle Menschen an Bord warenarmenische Staatsbürger oder Russen armenischer Abstammung. InRussland und Armenien wurde der 5. Mai zum nationalen Trauertagerklärt. Nach Angaben von Armavia hatten zwei Passagiere Glück imUnglück: Weil es Probleme bei der Passkontrolle in Eriwan gab,verpassten ein Armenier und ein Georgier den Flug nach Sotschi.
Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) haben mit Bestürzung auf das Unglück reagiert. Ineinem Beileidstelegramm an den armenischen Präsidenten RobertKotscharjan schrieb Köhler unter anderem: «Ich möchte Ihnen, auch imNamen meiner Landsleute, meine tief empfundene Anteilnahmeaussprechen.» Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Angehörigender Opfer die Anteilnahme der Bundesregierung bekundet. In einemKondolenzschreiben an Kotscharjan schrieb sie: «Meine Gedanken sindbei den Opfern und ihren Angehörigen.»
Die Unglücksmaschine war nach Angaben des Airbus-Konzerns seitFebruar 2004 für die armenische Fluggesellschaft Armavia im Einsatzund hatte insgesamt mehr als 28 200 Flugstunden absolviert.
Bereits vor fünf Jahren hatte sich vor der russischenSchwarzmeerküste ein Flugzeugabsturz ereignet. Im Oktober 2001 wareine russische Tupolew irrtümlich von der ukrainischen Raketenabwehrauf der Halbinsel Krim abgeschossen worden. Alle 78 Menschen an Bordkamen dabei ums Leben.
