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Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz: Mit 50 Sachen auf einer Mülltonne den Hang runter

Von Birgit Reichert 10.09.2006, 16:49
Die deutsche Meisterin im Skeleton, Kerstin Juergens (r.) rast am Samstag (09.09.2006) beim 2. internationalen Mülltonnenrennen in Hermeskeil (Kreis Trier-Saarburg) mit weiteren Startern auf einer Mülltonne liegend eine Straße herunter. (Foto: dpa)
Die deutsche Meisterin im Skeleton, Kerstin Juergens (r.) rast am Samstag (09.09.2006) beim 2. internationalen Mülltonnenrennen in Hermeskeil (Kreis Trier-Saarburg) mit weiteren Startern auf einer Mülltonne liegend eine Straße herunter. (Foto: dpa) dpa

Hermeskeil/dpa. - An der Startlinie werfensie sich mit Schwung bäuchlings auf ihre Tonne, ziehen sie hoch,umfassen den Deckelrahmen und sausen auf den Rollen los. 340 Meterlang ist die Strecke zwischen Schulzentrum und Sägewerk, auf der sichdie Mülltonnenpiloten in Hermeskeil im Hunsrück beweisen müssen. Sieerreichen Tempo 50 - und sind in einer guten halben Minute unten.

«Das macht irre Spaß», sagt Christoph König, Vorsitzender desVereins «YesAngels», der das Rennen im zweiten Jahr organisiert. DieIdee dazu kam dem Club vor ein paar Jahren beim Rockfestival «Rock amRing». «Da fiel plötzlich eine Mülltonne um, ruckzuck saß einer draufund sauste den Hügel runter», erzählt der 37-Jährige. Sofort wurdenalle möglichen Arten ausprobiert, auf so einem Behälter zu «fahren» -auf der Mülltonne zu liegen entpuppte sich als beste Rennform undwird heute praktiziert.

45 Männer und Frauen, vom Schüler bis zum Rentner, haben sichvorschriftsmäßig an den Start begeben. Sie tragen Schutzkleidung,ihre Tonne ist nicht präpariert. Auch wie bei anderen Wettbewerbengibt es genaue Regeln: Die Tonne muss leer und sauber sein, es dürfenkeine weiteren Rollen, Spoiler oder Motoren angebracht werden. Nur amDeckelscharnier ist es erlaubt, eine Metallblende anzubauen, damit esnicht verschleißt, wenn es über die Straße rutscht. Erst nach dertechnischen Abnahme geht es los. Ein «Rennkommissar» wacht darüber,dass auch an der Startlinie alles mit rechten Dingen zugeht.

Mit dabei ist auch Kerstin Jürgens, deutsche Meisterin imSkeleton. Sie ist aus Mainz gekommen, um auf einer rasenden Kiste mitan den Start zu gehen. Denn zwischen Mülltonnenrennen und derolympischen Wintersportdisziplin gibt es durchaus Parallelen: Auf demRodelschlitten muss sich Jürgens auch bäuchlings mit dem Kopf nachvorne legen. «Das ist die optimale Sommervariante des Skeletons»,sagt die 28-Jährige. «Das macht so viel Spaß, das hätte ich einereinfachen Mülltonne gar nicht zugetraut.» Im Eiskanal erreicht sieaber auch schon mal Tempo 135. Auf der Mülltonne braucht sie 33Sekunden und wird bei den Damen Erste. Sieger beim Hauptrennen istChristoph Ludwig aus Rascheid (Rheinland-Pfalz).

Die Mülltonne muss sich jeder selbst besorgen. Zugelassen sindalle Kunststofftonnen für Restmüll und Papier, aber Tonne ist längstnicht gleich Tonne. Der Kenner weiß: Am schnellsten sind die 80- und120-Liter-Modelle. Von den 240-Liter-Tonnen rät Rennleiter König ab.«Die sind langsamer, weil sie so schwer sind», sagt der Hermeskeiler,der als Bundeswehrsoldat in Saarlouis stationiert ist. Kein teurerSpaß - ausgesonderte Tonnen können für fünf Euro erworben werden.

Die «YesAngels» haben sich Anfang 2005 gegründet, «um die Jugendund Kultur in Hermeskeil zu fördern». «Es war hier einfach nichts losund wir wollten bisschen Leben her bringen», sagt König. Mit Erfolg:Am Samstag säumen hunderte Zuschauer in Partystimmung die Rennstreckeund feuern die Kistenfahrer an. Große Bewunderung auch für die«aufgemotzten und frisierten» Mülltonnen, die im Showlauf starten:ein meterhohes Mülltonnen-Schaukelpferd oder auch eine als Motorradumgebaute Tonne.

Ganz frisch auf die neue Disziplin gekommen ist Bobfahrer DanielHoch-Kraft aus Engelstadt bei Mainz, der am Tag des Rennens erstmalsauf einer Mülltonne liegt. «Wahnsinn, wie viel Spaß das macht»,schwärmt er. Sascha Knippel aus Osburg dagegen ist bereits seitJahren begeisterter Pilot. «Das Spannendste ist, dass man nichtbremsen kann», sagt der 32 Jahre alte Fahrlehrer. Aber hier könne ersein Lebensmotto richtig ausleben: «Ohne Risiko kein Spaß.»