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Sport Reporter-Legende Heinz Florian Oertel gestorben

Wenn es einen DDR-Reporter gibt, den die heutige Jugend noch kennt, dann ist es Heinz Florian Oertel. Seine Reportagen sind legendär geworden. Und sie werden es bleiben. Heinz Florian Oertel ist tot.

Von Gerald Fritsche, dpa Aktualisiert: 25.04.2023, 11:00
Die ostdeutsche Sportreporterlegende Heinz Florian Oertel während der Berichterstattung im NDR-Hörfunkprogramm.
Die ostdeutsche Sportreporterlegende Heinz Florian Oertel während der Berichterstattung im NDR-Hörfunkprogramm. Jens Büttner/dpa/Archivbild

Berlin - Er war DIE Stimme des DDR-Sportfernsehens und-Hörfunks: Heinz Florian Oertel. Er begeisterte mit seinen Reportagen, Talkshows und Unterhaltungssendungen Millionen, aber er polarisierte auch. Am 27. März ist seine Stimme für immer verstummt. Das bestätigte am Mittwoch seine Familie der Deutschen Presse-Agentur. Zuerst hatte die „Bild“ berichtet. Oertel wurde 95 Jahre alt.

Oertel war stets da, wo der große Sport war und wo die DDR-Stars auf Erfolge hoffen durften. Deshalb erlebte er 17 Olympische Spiele. Unter den acht Fußball-Weltmeisterschaften war auch die 1974, für die sich die DDR erst- und einmalig qualifiziert hatte. Den legendären 1:0-Sieg über den späteren Weltmeister BRD in Hamburg kommentierte natürlich auch der am 11. Dezember 1927 in Cottbus geborene Journalist. Anders als in anderen Reportagen, in denen er seinen Gefühlen freien Sprachlauf ließ, wirkte er sowohl beim Tor durch Jürgen Sparwasser als auch beim Schlusspfiff ziemlich nüchtern.

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Doch alle wussten: Oertel konnte auch anders. Natürlich bleibt die Reportage vom 1. August 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau unvergessen. Den zweiten Olympiasieg des Marathonläufers Waldemar Cierpinski beschrieb er völlig euphorisch so: „Liebe Zuschauer zu Hause, das ist ein einmaliger Triumph. Liebe junge Väter oder angehende, haben Sie Mut, nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar. Waldemar ist da!“

Fußball, Leichtathletik, Radsport, Boxen, Eiskunstlauf - Oertel kannte sich überall aus, verfügte über ein unglaubliches Fach- und Allgemeinwissen. Und dieses ließ er stets in seine Reportagen einfließen, die dadurch lebendig und besonders hörenswert wurden. Die Radsport-Entscheidungen mit Täve Schur oder Olaf Ludwig, die Eiskunstlauf-Höhepunkte mit Katarina Witt - Oertel fand stets die richtigen Worte, um seine Zuhörer mit seiner eigenen Begeisterung anzustecken. Dass er 17 Mal DDR-Fernsehliebling wurde, so häufig wie kein anderer DDR-Promi, unterstreicht diese Tatsache. In seinen 50 Berufsjahren reiste der kahlköpfige Reporter auf alle Kontinente - und wurde so zum Weltbürger der kleinen DDR.

Oertels Markenzeichen waren Stimme, Stil und Sprache. Er hielt Distanz, war aber immer nah dran, wenn es im Stadion rund ging. Finnlands viermaligen Langlauf-Olympiasieger Lasse Virén nennt Wortakrobat Oertel im Überschwang der Gefühle „Tartan-Elch“.

In den vergangenen Jahren war es um Oertel ruhiger geworden. Schon vor seinem 90. Geburtstag hatte er sich krankheitsbedingt zurückgezogen, nachdem er zuvor noch mit diversen Büchern zu Lesungen durch die (ostdeutschen) Lande gezogen war. Als Autor setzte sich der Herausgeber diverser Olympia-Bücher oft mit gesellschaftlichen Themen kritisch auseinander - auch schon zu DDR-Zeiten.

Nach seiner Promotion in Leipzig 1981 dozierte Oertel auch an diversen Hochschulen, nach der Wende auch in der Bundesrepublik. Im Dezember 1989 kommentierte Oertel für den Südwestfunk das Bundesligaspiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Köln. Er war als Moderator von Fernsehsendungen wie „Ein Kessel Buntes“ tätig und führte auch durch Sendungen in Radio und Fernsehen wie „He, he, he - Sport an der Spree“, „Schlager einer großen Stadt“ und „Porträt per Telefon“.