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Regenschirme Regenschirme: Schlechtes Wetter ist gut fürs Geschäft

Von Juliane Matthey 04.08.2011, 11:07
Im verregneten Sommer 2011 wird ein Schirm häufig gebraucht. (FOTO: DPA)
Im verregneten Sommer 2011 wird ein Schirm häufig gebraucht. (FOTO: DPA) AFP

Berlin/dapd. - «Ich werdesie wohl einlagern müssen», sagt die 47-Jährige, seit 16 JahrenInhaberin von «Schirm Schirmer». Problematisch ist das nicht, da ihrKerngeschäft in den vergangenen Wochen überdurchschnittlich gutlief. Sie habe deutlich mehr Regenschirme verkauft als sonst imJuli, erzählt Brückner. Besonders gut seien weiße Schirmeweggegangen - «für Brautpaare, deren Hochzeit ins Wasser gefallenist».

«Der Juli war ein guter Monat für unsere Branche», bestätigt derLeiter der Interessengemeinschaft Schirm und Stock, Willy Schüffler.Dank des Regenwetters hätten sich die Verkaufszahlen in denvergangenen Wochen erheblich erhöht. An Regentagen würden doppelt soviele Schirme verkauft wie sonst. Zuvor sei 2011 kein gutes Jahrgewesen. «Wir hatten das ganze Frühjahr praktisch kein Aprilwetter»,sagt der Schirmmacher-Meister, der in Essen ein Fachgeschäftbetreibt.

Bei «Schirm Schirmer» läuft derzeit auch das Reparaturgeschäftgut; so gut, dass die Kunden vier bis sechs Wochen warten müssen.Zerbrochene Streben, Löcher im Stoff, kaputte Mechanismen - in derWerkstatt stapeln sich die Schirme.

Ihr Onkel habe ihr das Reparieren beigebracht, erzählt Brückner,eigentlich Uhrmacherin von Beruf. Wie der Onkel waren schon ihrGroßvater und Urgroßvater Schirmmacher in Babelsberg (Brandenburg).Sie selbst stieg erst in den Beruf ein, als der Onkel kurz nach derWende den kleinen Laden in West-Berlin übernahm, den wohl ältestenin Berlin. Die Vorgängerin, eine alte Frau namens Schirmer, habeimmer gesagt, dass der Laden seit 1908 bestehe, erzählt Brückner.Nachprüfen könne man das nicht mehr.

Zwtl.: Stabile Schirme erkennt man an der Zahl der Streben

In jedem Fall ist der Laden eine Rarität: In Berlin gibt esBrückner zufolge nur noch ein weiteres Schirmfachgeschäft,bundesweit nach Einschätzung von Willy Schüffler keine 40 mehr. DasHandwerk des Schirmmachers ist sogar so gut wie ausgestorben:Schüffler zufolge gibt es in Deutschland heute weniger als 20Schirmmacher-Meister. Annelies Pennewitz, Meisterin aus Weimar undBetreiberin eines kleinen Schirmmuseums, schätzt die Zahl sogar aufunter zehn.

Mit den Schirmmachern werden auch ihre anspruchsvollenStammkunden immer weniger. Einige, vor allem ältere Kunden gebe esnoch, die kein Auto besäßen, viel zu Fuß gingen und deshalb Wert aufeinen guten Regenschutz und einen stabilen Schirm als Stockersatzlegten, sagt Schüffler. 90 Prozent der heute in Deutschlandverkauften Schirme aber seien «Wegwerfartikel» für wenige Euro,hergestellt in China. 50 Euro sollten in einen Schirm investiertwerden, sagt Schüffler. «Das ist dann Handwerksqualität.» StabileSchirme erkenne man an der Zahl der Verstrebungen, erklärenSchüffler und Brückner übereinstimmend - zehn sollten es schon sein.

Zwtl.: Bei den Designs ist Romantik angesagt

Auch die Designs sind vielfältiger in den höheren Preisklassen.In Jacqueline Brückners Laden können Kunden die aktuellen Modellesehen, aufgereiht im Regal, in Ständern steckend oder aufgespanntunter der Decke hängend. Da gibt es rosa Schirme mit Rüschen,pagodenförmig geschwungene mit Leo-Print, zarte Modelle aus Spitzeoder UV-Schutz-Stoff gegen die Sonne. «Romantik ist geradeangesagt», erklärt Brückner. Dauerbrenner seien bedruckteStockschirme mit Motiven von Monet oder Klimt und Katzen in allenVariationen.

Ganz oben auf dem Schirmregal steht ein Ständer mit Schirmen ausedlen Stoffen wie Seide und handgemachter Spitze. Die habe ihrUrgroßvater gebaut, erzählt Jacqueline Brückner, als Requisiten fürUFA-Filme , für Marika Rökk zum Beispiel. «Dit waren noch andereZeiten», sagt sie mit ihrem schnodderigen Berliner Akzent. Dann mussdie Schirmhändlerin aber zurück an ihre alte Registrierkasse - dienächste Kundin sucht einen schicken neuen Taschenschirm.