Rechtsextremismus Rechtsextremismus: «Thor Steinar» verklagt «Storch Heinar»

Schwerin/ddp. - DiePersiflage auf das in der rechten Szene beliebte Modelabel «ThorSteinar» ist offenbar so gut gelungen, dass sich die BetreiberfirmaMediaTex verunglimpft und zu einer Klage wegen Verletzung derMarkenrechte veranlasst sah. Am 23. Juni findet die Verhandlung vordem Landgericht Nürnberg-Fürth statt.
Dass «Storch Heinar» auf rechtsextreme Mode anspielt, streitenseine Erfinder gar nicht ab. «Wir wollen darauf hinweisen, dass dieMarke 'Thor Steinar' in der Szene einen hohen Status hat undsymbolisch besetzt ist», sagt Mitinitiator Mathias Brodkorb. DerRostocker SPD-Landtagsabgeordnete muss sich in seiner politischenArbeit ständig mit Rechtsradikalen auseinandersetzen. Seit 2006 sitztdie NPD mit sechs Abgeordneten im Schweriner Landtag.
Die Idee zu «Storch Heinar» entstand im Dezember 2008 in einergrößeren Runde bei einem Glas Wein. Brodkorb, stellvertretenderVorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, besteht jedoch darauf, dassalle Beteiligten einen klaren Kopf hatten. Endstation Rechts habesich «auch einmal jugendgemäß satirisch» mit dem ProblemRechtsextremismus auseinandersetzen wollen, erklärt er.
Entstanden ist ein unansehnliches Storch-Fantasiewesen mitstrengem Seitenscheitel und Zweifingerbärtchen, das unter einemschiefsitzenden Wehrmachtshelm hervorspäht. Der schmalbrüstige Adebarmit den abstehenden schwarzen Federbüscheln kommt offenbar gut an.Die Kleidungsstücke mit «Storch-Heinar»-Motiven verkaufen sich lautBrodkorb europaweit. Inzwischen gibt es auch schon Hundebekleidung.Die Erlöse aus dem Verkauf fließen in die Arbeit von EndstationRechts. Außerdem erfanden die Aktivisten auch eine Geschichte rund umden Storch. «Heinar ist eine ganz arme Sau», beschreibt Brodkorb denStorch, der unter zahlreichen körperlichen Gebrechen und sozialenDefiziten leidet.
Die Firma MediaTex mit Sitz im brandenburgischen Zeesen fandHeinar nicht witzig und reagierte sofort. Unmittelbar nach dem Startdes Projekts beantragte sie die Markenrechte an «Storch Heinar», wasjedoch vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt wurde. 2009klagte MediaTex wegen Verletzung der Markenrechte. Das Unternehmenwollte sich auf ddp-Anfrage nicht zu dem Rechtsstreit äußern undbestätigte lediglich, Klage eingereicht zu haben.
Abseits von markenrechtlichen Fragen findet derPolitikwissenschafter Hajo Funke eine solche Persiflage völliglegitim. «Man kann das Erscheinungsbild der rechten Szeneironisieren, ohne dass man in ihre Nähe rutscht», sagt der Professorder Freien Universität Berlin. Für ihn ist der Storch «reineGeschmackssache».
Brodkorb und seine Mitstreiter lassen sich von der juristischenAuseinandersetzung nicht verunsichern, sondern haben sofortnachgelegt. Um die anstehenden Prozesskosten zu finanzieren, habensie ein neues T-Shirt entworfen. Das sogenannte Retter-Shirt mitHeinar und dem Schriftzug «Weltkriegsverliererbesieger» ist angelehntan eine Aktion des Fußballvereins St. Pauli, der 2002 den damaligenWeltpokalsieger FC Bayern München überraschend schlug. Durch denVerkauf von T-Shirts mit dem Aufdruck «Weltpokalsieger-Besieger»besserte der angeschlagene Verein seine Finanzen auf.
Eine Klage wegen Verletzung von Markenrechten müssen Brodkorb undEndstation Rechts in diesem Fall nicht fürchten. «Wir haben beimVerein und der Firma angefragt, die über die Markenrechte verfügt unddie haben sofort mitgemacht», berichtet Brodkorb schmunzelnd. Dasbraune Hemd erschien zusätzlich in einer auf 18 (!) Stück limitierten«Güldenen Edition» zu 50 Euro pro Shirt. «Die waren im Nuhausverkauft», erzählt der SPD-Politiker.
Trotz des Rechtsstreits wollen die Initiatoren von «Storch Heinar»keinesfalls klein beigeben. «Wie auch immer der Prozess ausgeht, wirwerden uns schon etwas einfallen lassen, um den Klamottenshopweiterzubetreiben», sagt Brodkorb nachdrücklich.