Raumfahrt Raumfahrt: Erste Sonde seit mehr als 20 Jahren am Saturn

Hamburg/Pasadena/dpa. - Der majestätische Ringplanet Saturnbekommt Besuch von der Erde: Erstmals in der Raumfahrtgeschichteschwenkt an diesem Donnerstagmorgen gegen 4.30 Uhr eineSaturnexpedition in eine Umlaufbahn um den Saturn ein. «Cassini-Huygens» ist zugleich die erste Raumsonde seit 23 Jahren, die in dieNähe des «Herrn der Ringe» kommt. Die früheren Raumsonden hattenSaturn auf ihrem Weg in die Außenbezirke des Sonnensystems lediglichflüchtig passiert.
Astronomen erhoffen von der Saturnexpedition eine Fülle vonAntworten. Wie sind die Saturnringe entstanden, woher rühren ihrefeinen Farbunterschiede und welche verborgene Energiequelle lässt denRingplaneten nahezu doppelt so viel Energie abstrahlen wie er von derSonne einfängt? Einer der Höhepunkte der amerikanisch-europäischenExpedition ist der für Januar 2005 geplante Abstieg der Landefähre«Huygens» auf den größten der 31 bislang entdeckten Saturnmonde,Titan.
«Titan ist wie eine Zeitmaschine, die uns in die Vergangenheitmitnimmt und zeigt, wie die Erde einmal ausgesehen haben könnte»,erläutert «Cassini»-Wissenschaftler Dennis Matson vom Jet PropulsionLaboratory der US-Raumfahrtbehörde NASA, das das Gesamtprojektleitet. «Huygens» ist ein Beitrag der Europäischen WeltraumagenturESA und wird von Darmstadt aus kontrolliert.
Der zweitgrößte Mond im Sonnensystem übertrifft mit 5150Kilometern Durchmesser sogar die Planeten Merkur und Pluto. Alseinziger Mond des Sonnensystems besitzt Titan eine stabileAtmosphäre. Was «Huygens» unter den Methanwolken in derStickstoffatmosphäre vorfinden wird, wissen die Forscher nicht genau.Es ist möglich, dass die wie ein knapp drei Meter großer Wok geformteSonde auf Felsen oder Eis landet. Es könnten auf dem minus 180 GradCelsius kalten Mond aber auch Ozeane aus Ethan, Methan und flüssigemStickstoff wogen. «Dieser dunstige Mond könnte uns Anhaltspunktedafür liefern, wie sich die primitive Ur-Erde zu einem belebtenPlaneten entwickelt hat», hofft Matson.
Die Erwartungen reichen aber noch weiter zurück in die kosmischeGeschichte. Saturns nur einige hundert Meter dicke Ringe bestehen ausEis- und Gesteinsbrocken von Sandkorn- bis Schiffscontainergröße. DasSaturn-System erinnert nach NASA-Angaben an eine Miniaturausgabe desfrühzeitlichen Sonnensystems. «Das Saturn-System bildet einunübertroffenes "Labor", in dem wir Antworten auf zahlreichefundamentale Fragen zur Entstehung der Planeten und derlebensfreundlichen Bedingungen erhalten können», erläutert Ed Weileraus der NASA-Zentrale.
Die knapp 2,5 Tonnen schwere Doppelsonde «Cassini-Huygens» ist mitinsgesamt 18 wissenschaftlichen Instrumenten der NASA zufolge diebislang am üppigsten ausgestattete Planetenexpedition. In denkommenden vier Jahren soll «Cassini» den Saturn 76 Mal umkreisen. Dasnach Angaben der Europäischen Raumfahrtagentur ESA rund 2,7Milliarden Euro teure Gemeinschaftsprojekt ist zum einen nach demholländischen Astronomen Christiaan Huygens (1629-1695) benannt, dernicht nur die Saturnringe, sondern auch Titan entdeckt hat. Derandere Namenspate ist der französisch-italienische Astronom Jean-Dominique Cassini (1625-1712), der die anderen vier großenSaturnmonde fand und als erster eine enge Lücke in den Saturnringenbeobachtete, die heute Cassini-Teilung heißt. Inzwischen sind zudemzahlreiche schmale Lücken bekannt.
Drei Sonden haben den Saturn bislang besucht, «Pioneer 11» sowiedie beiden «Voyagers». Diese Stippvisiten in den Jahren 1979 bis 1981haben der NASA zufolge allerdings das Wissen über den vor allem ausWasserstoff und Helium bestehenden Gasplaneten bereits stärkererweitert als Jahrhunderte der erdgebundenen Erforschung.
Die «Voyager»-Sonden bestätigten unter anderem auch, dass dieRinge keine exklusive Zierde des Saturns sind. Auch die drei anderenGasriesen unseres Sonnensystems, Jupiter, Uranus und Neptun, habenRinge, wenn auch nur sehr schmale. Und es könnte noch schlimmerkommen für Saturn: Einigen Berechnungen zufolge existierenRingsysteme wie seines möglicherweise nur einige Dutzend MillionenJahre - dieser Schmuck wäre auf der kosmischen Zeitskala flüchtig.
