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Prozess Prozess: «Society-Lady» Tatjana Gsell vor Gericht

Von Brigitte Caspary 12.07.2004, 05:50
Tatjana Gsell muss sich vor Gericht verantworten. (Foto: dpa)
Tatjana Gsell muss sich vor Gericht verantworten. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Nürnberg/dpa. - Tatjana Gsell liebt die Aufmerksamkeit derMedien. Von diesem Dienstag an wird sie einmal mehr genug davonbekommen: Mehr als 50 Pressevertreter haben sich angemeldet, um beimersten Auftritt der «Society-Lady» vor dem Nürnberger Amtsgerichtdabei zu sein. Dort muss sich die 33-Jährige wegen versuchtenVersicherungsbetrugs und Vortäuschens einer Straftat verantworten.

Sie soll maßgeblich an einem fingierten Überfall auf ihren damals76-jährigen Ehemann, den Schönheitschirurgen Franz Gsell, im Januar2003 beteiligt gewesen sein. Laut Anklage wollten sie und ihrmitangeklagter Jugendfreund, ein Staatsanwalt aus Hof, damit einengeplanten Versicherungsbetrug vertuschen. Vorgesehen war, TatjanaGsells Mercedes von einer Autoschieberbande ins Ausland bringen zulassen und ihn dort zu verkaufen. Gleichzeitig wollte Gsell den Wagenals gestohlen melden und die Versicherungsprämie kassieren.

Doch der Plan ging schief: Bei dem gestellten Überfall wurde ihrEhemann in seiner Villa im noblen Nürnberger Viertel Erlenstegen voneinem Mitglied der Autoschieberbande so schwer verletzt, dass er zweiMonate später im Krankenhaus starb.

Zunächst war die Kriminalpolizei von einem Raubüberfallausgegangen, da aus dem Safe des Arztes 5000 Euro Bargeld fehlten.Als das Geld jedoch später im Keller des Anwesens gefunden wurde,geriet die Witwe selbst ins Visier der Fahnder. Schließlich konntesie auf ein stattliches Erbe hoffen.

Sechs Monate saß Tatjana Gsell in Nürnberg in Untersuchungshaft.Dann erst konnte der Verdacht der Anstiftung zum Raub mit Todesfolgeentkräftet werden. In dieser Zeit, so ließ die 33-Jährige über diePresse wissen, habe sie auch über Selbstmord nachgedacht.

Seit ihrer Entlassung im Oktober 2003 scheint die Witwe ihreLebensfreude indes wieder entdeckt zu haben: Ob als Stargast im «Big-Brother»-Haus, als Entfesselungskünstlerin auf dem Weg zu einemEintrag ins Guinness-Buch der Rekorde oder als Kandidatin in TV-Shows - immer wieder sorgt sie für Schlagzeilen in eigener Sache.

So auch mit dem bevorstehenden Prozess. Zu diesem kam es aber nur,weil ihre Anwälte gegen einen Strafbefehl des Amtsgerichts über72 000 Euro Einspruch eingelegt hatten. Der Strafbefehl sei «sehrhoch» ausgefallen und auch durch die lange Untersuchungshaft von FrauGsell nicht gerechtfertigt, sagte ihr Münchner Verteidiger SteffenUfer. Immerhin habe seine Mandantin lediglich ein Auto verschiebenwollen. Dass das Ganze schief gelaufen sei, sei nicht ihr Verschuldengewesen. Das Risiko, dass die Strafe durch ein Urteil höher ausfallenkönne, sieht Ufer nicht: «Wir haben uns das schon gut überlegt.»

Der Prozess sollte Gsell auch nicht von ihren geschäftlichenAktivitäten abhalten. Sie hatte sich fest vorgenommen, beim Start derPromi-Reality-Show «Die Alm» am Sonntag auf ProSieben dabei zu sein.Doch daraus wurde nichts, der Stress war anscheinend doch zu groß.Sie erlitt einen «Kreislaufkollaps» (ProSieben) und sagte ihreTeilnahme kurzfristig ab. «Mir wurde alles zu viel. Die vielenTermine...», sagte Gsell der «Bild»-Zeitung. Dabei hatte derPrivatsender, der Gsell zusammen mit sechs anderen Stars undSternchen auf einem Bergbauernhof beim Kühe melken und Holz hackenfilmen wollte, ihr sogar eine Sonderbehandlung zugesagt. Für dieVerhandlungstage vor Gericht sollte Gsell freigestellt werden.Möglicherweise ziehe sie aber später noch ein, hieß es bei ProSieben.

Ob der Tod von Franz Gsell indes jemals juristisch gesühnt wird,bleibt offen. Der bisherige Hauptverdächtige, der dem Arzt dietödlichen Verletzungen beigebracht haben soll, wurde Anfang Juniüberraschend aus der Untersuchungshaft entlassen. Es bestehe keinnotwendiger dringender Tatverdacht mehr gegen ihn, hieß es.Gleichwohl, betonte ein Justizpressesprecher, stehe der Vorwurf derKörperverletzung mit Todesfolge gegen den 41-Jährigen weiter im Raum.