Prozess Prozess: Mutter von Findelkind Pauline erhält Bewährungsstrafe

Jever/dpa. - Mit dem Urteil folgte das Schöffengericht dem Antrag derStaatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf ein Jahr Strafe mitzweijähriger Bewährungszeit plädiert. Die 34 Jahre alte Berlinerinhatte das Kind vor knapp zwei Jahren in einem Strandkorb auf derNordseeinsel Wangerooge zurückgelassen.
Die Richter begründeten das Urteil mit der psychischen Notlage derMutter. Sie sei nur vermindert schuldfähig. Zudem bestehe keineWiederholungsgefahr, sagte der Richter. Auch habe das Geständnis derFrau zu einem milderen Urteil geführt. Dem Gesetz nach drohen beiAussetzung eines Kindes ein bis zehn Jahre Gefängnis.
Vor Gericht beteuerte die Angeklagte, sie habe nicht damitgerechnet, dass das Kind im Urlaub zur Welt kommen würde. Eigentlichsollte das Mädchen im August - gut drei Wochen später - geborenwerden. Die Wehen setzten jedoch durch Stress frühzeitig ein, sagtedie Frau. Ihre Großmutter sei mit einem Verdacht auf Herzinfarkt inein Krankenhaus geflogen worden. Dies habe sie überfordert. «Ich habedas Kind dann in der Wohnung meiner Oma geboren und dort fast dreiTage lang versorgt», sagte sie.
Am 26. Juli 2003 wollte die Frau mit ihren heute vier und neunJahre alten Söhnen, ihrer elfjährigen Schwester und einem Bekanntenabreisen. Keiner von ihnen habe etwas von der Geburt bemerkt. Siehabe ihre kleine Tochter gestillt, sie «warm eingewickelt» und gegenfünf Uhr morgens in den Strandkorb gelegt. Dann sei sie abgereist,schilderte die Mutter den Richtern. Fünf Stunden später entdecktenTouristen das Mädchen.
Ein Kinderarzt sagte als Sachverständiger: «Das Kind litt unterstarkem Flüssigkeitsmangel und befand sich in einerlebensbedrohlichen Situation.» Die Nieren hätten versagt. Zudem habedas Mädchen ein Hirnödem gehabt. Das alles deutet nach Aussage desArztes entgegen den Behauptungen der Mutter darauf hin, dass dasNeugeborene schon länger nicht richtig versorgt war. «Das ist nichtnur in fünf Stunden geschehen. Einige Stunden keine Nahrung machenein Kind nicht krank.»
Pauline, die ihren Namen ihrem Finder Paul verdankt, lebt heuteunter anderem Namen bei einer Pflegefamilie im Landkreis Friesland.Die Mutter sagte dem Gericht, sie wolle das Kind nicht von derFamilie trennen. Die ledige Frau lebt derzeit von rund 500 EuroArbeitslosengeld II und muss damit sich und drei Kinder versorgen.
Die Polizei war der 34-Jährigen Ende 2003 durch einen anonymenHinweis aus Berlin auf die Spur gekommen. Danach sollte sich die Frauzur Tatzeit auf Wangerooge aufgehalten haben. Eine DNA-Analyse undUntersuchungen in der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigtendann die Mutterschaft der Frau.
