1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Prozess in Niedersachsen: Prozess in Niedersachsen: Rollstuhlfahrer «platt gemacht»

Prozess in Niedersachsen Prozess in Niedersachsen: Rollstuhlfahrer «platt gemacht»

11.05.2006, 13:47

Oldenburg/dpa.­ - Mit Geständnissen von zwei der vier Angeklagten hat am Donnerstag vor dem Landgericht Oldenburg der Prozess um den Mord an einem Rollstuhlfahrer begonnen. Die zur Tatzeit 17- und 24-jährigen Männer haben zugegeben, im Oktober 2005 in Wilhelmshaven einen an Multipler Sklerose (MS) erkrankten 54-Jährigen mit drei Messerstichen getötet zu haben.

Sie hatten ihm zuvor zwei Handys, eine Digitalkamera und das Portemonnaie gestohlen. Zwei zur Tatzeit 16 und 21 Jahre alte Frauen streiten eine Mordabsicht ab. Sie gaben allerdings zu, dass vor der Tat in der Clique besprochen wurde, das spätere Opfer «platt zu machen». «Das war zuerst nur lustig gemeint», sagte die damals 21-Jährige vor Gericht.

Nach übereinstimmenden Aussagen der Angeklagten hatten sieden 54-Jährigen nachmittags in der Stadt getroffen. Die 16-Jährige kannte das Opfer über eine ebenfalls an MS erkrankte Bekannte. «Weil er reich aussah», erklärten die Beschuldigten, wurde beschlossen, den Rollstuhlfahrer auszurauben.

Das spätere Opfer lud die Clique für den selben Abend inseine Wohnung ein. Dort wurde gemeinsam Schnaps getrunken undMarihuana geraucht. Der Anklage zufolge lenkten die weiblichenAngeklagten das Opfer mit Sex-Spielen ab. Als sie auf einabgesprochenes Zeichen hin gegen Mitternacht ins Badezimmer gingen, sprühten die männlichen Angeklagten dem Rollstuhlfahrer Reizgas ins Gesicht, zerschlugen eine Schnapsflasche auf seinem Kopf und versuchten, ihn mit Kissen zu ersticken. Als das misslang, versetzte der 17-Jährige dem Kranken einen Messerstich in die rechte Brust. Nachdem der Ältere ihn darüber aufklärte, dass das Herz auf der anderen Brusthälfte liegt, stach der Jüngere der Anklage zufolge auch in die linke Seite.

Ob auch der 24-Jährige zugestochen hat, blieb unklar. Widersprüchlich sind die Aussagen, ob die weiblichen Angeklagten die männlichen Täter aufgefordert haben, zum Küchenmesser zu greifen. Die von Nachbarn alarmierte Polizei hatte die 16-Jährige noch am Tatort festgenommen. Die anderen Angeklagten wurden am folgenden Tag gefasst.

Beim Prozessauftakt, der bereits für die Vorwoche angesetzt war,kam es erneut zu einer Verzögerung, weil der junge Staatsanwalt wegen eines Schwindelanfalls die Anklageschrift nicht verlesen konnte. Nach einer halben Stunde wurde die Verhandlung mit einem anderen Staatsanwalt fortgesetzt. Mit einem Urteil wird im Juni gerechnet. Zunächst sind neun weitere Verhandlungstage angesetzt.