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Prozess gegen «Hells Angels» Prozess gegen «Hells Angels»: Anträge auf Befangenheit wurden abgelehnt

05.03.2003, 10:20
Das Archivbild vom 25.08.2000 zeigt ein Mitglied der deutschen Rockerbande "Hells Angels" in Helsinki auf dem Weg zum Internationalen Hells Angels-Treffen "World Run 2000" in Hämeenlinna (Tavastehus). Für die Mainzer Justiz setzt ein Großverfahren gegen die "Hells Angels" am kommenden Mittwoch (05.03.2003) neue Maßstäbe, zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz wurden die umfangreichen Unterlagen auf CD-Rom an die Beteiligten weitergeleitet. Die Vorwürfe gegen die im Februar im Rhein-Main-Gebiet verhafteten Männer bewegen sich in einem für die Rocker üblichen Rahmen. Es geht um Waffendelikte, Rauschgifthandel, Zuhälterei und ähnliches. (Foto: dpa)
Das Archivbild vom 25.08.2000 zeigt ein Mitglied der deutschen Rockerbande "Hells Angels" in Helsinki auf dem Weg zum Internationalen Hells Angels-Treffen "World Run 2000" in Hämeenlinna (Tavastehus). Für die Mainzer Justiz setzt ein Großverfahren gegen die "Hells Angels" am kommenden Mittwoch (05.03.2003) neue Maßstäbe, zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz wurden die umfangreichen Unterlagen auf CD-Rom an die Beteiligten weitergeleitet. Die Vorwürfe gegen die im Februar im Rhein-Main-Gebiet verhafteten Männer bewegen sich in einem für die Rocker üblichen Rahmen. Es geht um Waffendelikte, Rauschgifthandel, Zuhälterei und ähnliches. (Foto: dpa) Lehtikuva

Mainz/dpa. - Mit scharfen Wortgefechten zwischen Richter Hans Lorenz und der Verteidigung hat am Mittwoch vor dem Landgericht Mainz ein Verfahren gegen elf Mitglieder der Rockergruppe «Hells Angels» begonnen. Die Verteidiger stellten drei Anträge auf Befangenheit der Richter, die abgelehnt wurden. Den im Februar 2002 festgenommenen Rockern werden Drogenhandel, Zuhälterei, Waffendelikte sowie Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft lastet den Männern im Alter von 29 bis 42 Jahren insgesamt 100 Taten an. Noch vor Verlesung der Anklageschrift wurde der Prozess vertagt. Einer der Verteidiger will bis zum zweiten Prozesstag am kommenden Montag einen weiteren Antrag auf Befangenheit mit seinem Mandanten absprechen.

Besonders schwer wiegt der Vorwurf der Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. In anderen Verfahren gegen die «Hells Angels» konnten die Gerichte dies nicht nachweisen. Sollte das Mainzer Gericht die «Hells Angels» als Gründer und Mitglieder einer kriminellen Vereinigung verurteilen, könnte das Grundlage für weitere Verbote des Motorradclubs auf Länderebene sein. In Hamburg etwa sind die «Hells Angels» seit 1983 verboten.

Die Befangenheitsanträge begründeten die Verteidiger damit, dass Richter Lorenz und einer der beiden Beisitzer wohl nicht unparteiisch in den Prozess gegangen seien. Lorenz habe in einem Verfahren gegen drei ehemalige Clubmitglieder zu milde geurteilt, weil er den Geständnissen ein höheres Gewicht eingeräumt habe als den begangenen Straftaten. Die Männer sollen in dem am Mittwoch begonnenen Prozess als Kronzeugen auftreten. Ein zweiter Befangenheitsantrag gegen Lorenz wurde gestellt, weil er gegen den Willen der überwiegend aus Wiesbaden stammenden Angeklagten vor Prozessbeginn Aufnahmen der zahlreichen Kamerateams zuließ.

Zu Beginn der Verhandlung wurden die mit Handschellen gefesselten elf Angeklagten einzeln in den Schwurgerichtssaal geführt. Auf drei Stuhlreihen nahmen die Männer, die ihre überwiegend langen Haare zu Zöpfen zusammengebunden hatten, neben ihren 23 Verteidigern Platz. Dahinter soll eine neue, mehr als zwei Meter hohe Plexiglaswand die Beteiligten vor möglichen Übergriffen aus dem Publikum schützen. Denn die bereits verurteilten Kronzeugen gelten wegen ihrer Aussagebereitschaft als gefährdet. Zahlreiche bewaffnete Polizisten bewachten das im Mainzer Regierungsviertel gelegene Gerichtsgebäude.

Richter Lorenz ließ zu Beginn der Verhandlung klar erkennen, dass er auf eine mögliche Konfliktstrategie der Verteidiger hart reagieren werde: «Wir gehören nicht zu denen, die stumm immer nur einstecken. Wir teilen auch aus.» Er werde sich nicht einschüchtern lassen. Die Verteidiger erreichten mit ihren Befangenheitsanträgen zumindest, dass die Anklageschrift zunächst nicht verlesen werden konnte. Die Anwälte des «Präsidenten» der «Hells Angels» beantragten zudem, die Verhandlungsfähigkeit ihres 39 Jahre alten Mandanten prüfen zu lassen. Er leide an Hepatitis C und habe Bandscheibenprobleme. Weil auch andere Verteidiger auf gesundheitliche Schwierigkeiten ihrer Mandanten hinwiesen, bemerkte Lorenz: «Ich dachte, wir verhandeln gegen die 'Hells Angels' und nicht gegen Invaliden.»

Auf die Prozessbeteiligten warten zunächst 33 Verhandlungstage. Gemessen an der Zahl der Angeklagten ist das Mainzer Verfahren seit 1986 der größte Prozess in Deutschland gegen die «Hells Angels». Damals wurden in Hamburg 13 Motorradrocker zu teils langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.