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Landgericht Oldenburg Prozess gegen Frauen nach Tod von pflegebedürftigem Mann

Zwei Frauen sollen einen Mann pflegen. Er stirbt einige Zeit später an den Folgen einer unbehandelten schweren Erkrankung. Nach Einschätzung des Gerichts könnte es sich um einen Mord handeln.

Von dpa Aktualisiert: 21.06.2023, 14:27
Die Angeklagten stehen mit dem Anwalt Karsten Seeber (M.) im Gerichtssaal vom Landgericht Oldenburg.
Die Angeklagten stehen mit dem Anwalt Karsten Seeber (M.) im Gerichtssaal vom Landgericht Oldenburg. Sina Schuldt/dpa

Oldenburg - Nach dem Tod eines Pflegebedürftigen vor rund fünf Jahren müssen sich am Landgericht Oldenburg zwei Frauen verantworten: eine 65-Jährige und ihre 31 Jahre alte Tochter. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen am Dienstag vor, durch Unterlassen den Tod des Mannes verursacht zu haben. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts hält auch einen Mord aus Habgier für möglich. Das Gericht hat zunächst Verhandlungstermine bis zum 22. September angesetzt.

Laut Anklage haben die Mutter und ihre Tochter nur vorgetäuscht, den Kranken pflegen zu wollen. Sie zogen 2016 in das Haus des alleinlebenden Mannes im Kreis Vechta ein. Zu dem Zeitpunkt war er 63 Jahre alt. Im Juli 2018 starb er an den Folgen einer unbehandelten schweren Erkrankung. Einem verlesenen Beschluss des Amtsgerichts Vechta zufolge, das sich zunächst mit dem Fall beschäftigt hatte, litt der Mann unter anderem an einer Nierenbeckenentzündung.

Die Staatsanwältin sagte, die Frauen hätten sich in dem Haus des Mannes „eingenistet“ und auf seine Kosten gelebt. Er habe ihnen eine umfassende Vollmacht eingeräumt. Die Frauen seien deshalb verpflichtet gewesen, sich um ihn zu kümmern. Der Staatsanwältin zufolge wurde zudem die jüngere Frau als Erbin des Mannes eingesetzt, der mehrere Grundstücke besaß.

Die angeklagten Deutschen äußerten sich zu Beginn des Prozesses nicht. Der Vorsitzende Richter zeigte Bilder des toten Mannes und des Hauses. Mehrere Wunden am Körper des Pflegebedürftigen waren deutlich sichtbar. Das Haus war auf Bildern vermüllt. Der Verteidiger der 65-Jährigen kritisierte das Vorgehen: Das Zeigen der Bilder, das er als temporeich beschrieb, habe eine negative psychologische Dimension.

Eine Rettungssanitäterin sagte als Zeugin, es sei während ihres Einsatzes im Haus des Mannes schnell klar gewesen, dass der Patient tot sei. Fliegen hätten sich in seiner Nase und in seinem Mund befunden. Der Körper sei abgemagert und kalt gewesen. Die angetroffenen Frauen hätten nur wenig über den medizinischen Zustand des Mannes gewusst, sagte die Zeugin. Man habe die Polizei hinzugezogen, auch weil der Mann nicht allzu alt gewesen sei.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den Frauen fahrlässige Tötung vorgeworfen. Das Amtsgericht Vechta nahm später an, dass es sich um einen Totschlag durch Unterlassen handeln könnte. Der Fall wurde dann der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Oldenburg vorgelegt.