Prozess Prozess: Erhält der «Kannibale» nur eine milde Strafe?

Kassel/dpa. - Als ein mögliches Mord-Motiv bezeichnete der Vorsitzende Richternicht nur die Befriedigung des Geschlechtstriebs, sondern auch dieanschließende Zerstückelung der Leiche. Meiwes hat gestanden, einenBerliner Ingenieur - angeblich mit dessen Einwilligung - getötet, zerlegt und gegessen zu haben. Zudem räumte er vor Gericht ein,bereits nach weiteren Opfern gesucht zu haben.
Mit seinem Hinweis auf unterschiedliche Verurteilungsmöglichkeitenmachte das Gericht frühzeitig deutlich, dass es dem von derStaatsanwaltschaft erhobenen Mordvorwurf gegen den «Kannibalen»möglicherweise nicht folgen wird. Detailliert, aber ohne eindeutigesErgebnis hatte die Schwurgerichtskammer sich an den vorangegangenenVerhandlungstagen damit befasst, ob Meiwes tatsächlich aus sexuellerLust getötet hat. Der Angeklagte bestreitet dies. Erregt habe ihn nurdas Zerlegen des Fleisches. Ein Urteil ist für Ende Januar geplant.
Zwei weitere potenzielle Opfer des «Kannibalen» befragte dasGericht am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Beide Männerhatte Meiwes über das Internet kennen gelernt. Wie er begeistertensie sich zwar auch für Kannibalismus, ließen sich in seiner«Schlachtkammer» untersuchen, aber wollten letztlich nicht getötetwerden. Meiwes war dies aber nicht von Anfang an klar; für ihn warendie Männer zunächst potenzielle weitere Opfer, wie sein Anwalt HaraldErmel erklärte.
Ein 34 Jahre alter Koch aus dem Schwarzwald betrat denGerichtssaal mit Schirmmütze und dunkler Sonnenbrille. Nach Aussagenvon Meiwes hatte er zweieinhalb Jahre lang Kontakt zu dem Mann gehabtund ihn fünf Mal getroffen. Im «Schlachtraum» habe er sich mit Öleinreiben und bestimmte Körperpartien markieren lassen. Dann sei ihmjedoch schlecht geworden. Meiwes' Anwalt erklärte dazu anschließendvor der Presse: «Er hat seinen Schlachttrieb nicht ausgenutzt, wennder andere es nicht gewollt hat.» Es wäre für Meiwes ein Leichtesgewesen, den Mann zu töten.
Als zweiten freiwilligen Besucher des «Kannibalen-Hauses» hörtedas Gericht einen 27 Jahre alten Konferenzplaner. Der Mann war in denGerichtssaal geführt worden, ohne dass er dem Publikum sein Gesichtzeigen musste. Auf seinen Wunsch musste die Öffentlichkeit währendseiner Befragung den Gerichtssaal verlassen.