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Prozess Prozess: Bundesgerichtshof prüft Urteil gegen den «Kannibalen»

13.04.2005, 07:48
Der Angeklagte Armin Meiwes sitzt im Kasseler Landgericht (Archivfoto vom 09.01.2004). Mit dem Urteil im Kasseler Kannibalismus-Prozess geht an diesem Freitag einer der spektakulärsten deutschen Kriminalfälle zu Ende. (Foto: dpa)
Der Angeklagte Armin Meiwes sitzt im Kasseler Landgericht (Archivfoto vom 09.01.2004). Mit dem Urteil im Kasseler Kannibalismus-Prozess geht an diesem Freitag einer der spektakulärsten deutschen Kriminalfälle zu Ende. (Foto: dpa) dpa

Karlsruhe/dpa. - Eine Entscheidung soll am 22. April fallen.

Der heute 43-jährige Meiwes hatte vor vier Jahren einen Internet-Bekannten vor laufender Kamera zerlegt und Teile der Leicheaufgegessen. Da sich das Opfer freiwillig in die Hände des vonKannibalismus-Fantasien getriebenen Täters begeben hatte, hatte dasLandgericht Kassel die grauenvolle Tat lediglich als Totschlageingestuft. «Dieses Urteil ist rechtsfehlerhaft», kritisierte nunBundesanwalt Lothar Senge die Entscheidung vom Januar 2004. Es seienMordmerkmale nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden. Eslägen niedere Beweggründe ebenso vor wie das Motiv der Befriedigungdes Geschlechtstriebs und - wegen der Störung der Totenruhe - auchein Mord zur Ermöglichung einer Straftat.

Verteidiger Harald Ermel stufte das Verbrechen nach wie vor alsTötung auf Verlangen ein. Darauf stehen laut Gesetzbuch höchstensfünf Jahre. Auch sei die Menschenwürde des Opfers nicht verletztworden: «Das Opfer hat auf diese Würde verzichtet», argumentierte derVerteidiger. Sein Mandant sei nur der «Wünsche-Erfüller» gewesen. «Erhat immer nur das gemacht, was die anderen machen wollten.» NachAnsicht Ermels ist vor der Tötung «eine Arbeitsteilung, ein Paktvereinbart» worden. «Der eine wollte schlachten und essen, der anderewollte geschlachtet werden.»

«Das war ein Verbrechen auf sittlich tiefster Stufe», sagtedagegen Bundesanwalt Senge. Dabei sei der Mensch aus ungehemmter undabartiger Eigensucht zum bloßen Objekt geworden. «Diese Fantasiendurchziehen das Leben des Angeklagten wie ein roter Faden.» Sengeforderte, das neue Verfahren an ein anderes Landgericht zu verweisen.Beim neuen Urteil dürfe auch die Wiederholungsgefahr nicht außer Achtgelassen werden. «Der Nächste muss jünger sein, aber nicht sofettig», zitierte Senge eine Aussage von Meiwes.

Deutlich wird auch vor dem 2. Strafsenat, wie schwer es fällt, dieTat von Rotenburg in Worte zu fassen. Immer wieder schwanken dieBeschreibungen zwischen dem spröden Deutsch der Gesetzbücher und derUnfassbarkeit. Von «Schlachtbank» und «Schlachtanleitung» ist ebensodie Rede wie von «postmortalem Achtungsanspruch» und «beschimpfendemUnfug».