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Prostitution Prostitution: Freier im Visier der Polizei

03.07.2001, 13:37

Leipzig/dpa. -    Der Nordplatz in Leipzig ist schon seit Jahrzehnten das bevorzugteRevier der Prostituierten. Zu DDR-Zeiten war der Betrieb zwei Mal imJahr zu den Messen besonders rege. Nachdem in den vergangenen Jahrenin Ostdeutschland die Straßenprostitution mehr oder weniger über dieGrenzen nach Tschechien und Polen abgedrängt wurde, gibt es nachErkenntnissen der Landeskriminalämter nur noch in Berlin und eben inLeipzig einen florierenden Straßenstrich. Am Leipziger Nordplatz sindes vor allem minderjährige Drogenabhängige, die sich Männernanbieten.

   Rund 45 Mädchen, die für ihre Sucht auf der Straße anschaffengehen, sind dem Ordnungsamt bekannt. Seit der Wende hat sich Leipzigzum ostdeutschen Umschlagplatz für Rauschgift entwickelt. Die Zahlder Abhängigen ist ständig angestiegen. Vor allem rund um denHauptbahnhof kommen Abhängige und Dealer ins Geschäft - und werdenvon der Polizei mit Videoüberwachung in Schach gehalten. DieStrategien gegen die Drogenhändler und die Prostituierten gleichensich: Die Szenen sollen in Bewegung bleiben und sich nichtverfestigen.

   Das Wohngebiet rund um den Nordplatz, in dem sich auch Schulenbefinden, gilt als Sperrbezirk für Prostitution. Trotzdem sprechendie Freier dort selbst Schülerinnen auf eindeutige Weise an. «Wirmüssen die Freierszene zerschlagen», sagt Jugenddezernent BurkhardJung (SPD). «Sonst entsteht ganz schnell eine Sogwirkung auch insUmland.» Rund 200 Autofahrer hat die Polizei kürzlich beobachtet, wiedie zum Teil mehrere Stunden lang im Kreis durch das Wohngebietfuhren. Künftig soll das mit einer neuen Verkehrsführung zumindesterschwert werden.

   Bei Razzien nahmen Polizeibeamte in der vorigen Woche DutzendeProstituierte fest, alle durch die Bank weg zwischen 16 und 18 Jahrealt. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft wegenjugendgefährdender Prostitution, die mit Geldstrafen oder bis zueinem Jahr Haft geahndet werden kann. Doch auch auf die Freier könnenAnklagen zukommen: Wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigensieht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen zwischen zwei und 15Jahren vor. «Die Freier können sich nicht damit herausreden, dass sienicht das Alter der Mädchen kannten», sagt Oberstaatsanwalt NorbertRöger. In einem Urteil habe der Bundesgerichtshof entschieden, dassallein das Alter der Mädchen entscheidend sei.

   «Die soziale Verwahrlosung und der Gesundheitszustand der Mädchenkann den Freiern doch nicht verborgen geblieben sein», sagtPolizeisprecherin Birgit Schlegel. «Sie haben auch eine moralischeMitschuld.» Die meisten der Mädchen seien von Zuhälterndrogenabhängig gemacht worden, um sie für sich anschaffen zu lassen.Auch Zuhälter kamen in das Visier der Ermittler und wurdenfestgenommen. Das Landeskriminalamt hat eine neue Generation vonZuhältern ausgemacht: Sie kassieren zwar die Frauen ab, bietenihnen aber keinen Schutz mehr vor gewalttätigen Freiern.

   Mit Überwachungen, Platzverweisen und auch Festnahmen willLeipzigs Polizei die Szene am Nordplatz auch in den kommenden Wochenin Bewegung halten. Zumindest bei einigen Freiern haben diebisherigen Razzien schon Wirkung gezeigt: Sie meldeten sich ausfreien Stücken bei der Polizei, um einer schriftlichen Vorladungzuvorzukommen. Schließlich soll die eigene zu Hause von den Besuchenauf dem Straßenstrich nichts erfahren.