Prominente Prominente: Frau schrieb über die Ehe mit einem Trinker

Berlin/dpa. - Tien-Lo, «Himmlische Freude» alias Susanne Juhnke, erlebt die Tragödie ihres Lebens an der Seite des Mannes, der sie im Alkohol-Delirium anschreit: ««Weißt du überhaupt, wer ich bin? Dein Mann? Ich bin Deutschlands größter Schauspieler!» Die heute 58-jährige Frau, in Berlin geboren als Tochter eines chinesischen Vaters und einer ostpreußischen Mutter, hat jetzt ihre Erinnerungen vorgelegt («In guten und in schlechten Tagen - Mein Leben», Droemer Knaur).
Mit Hilfe der Journalistin Beate Wedekind erzählt sie die Geschichte einer großen Liebe und Tragödie, ein Leben zwischen Himmel und Hölle, mit Familienglück und beruflichem Aufstieg ihres heute 74- jährigen Mannes Harald Juhnke zu dem wohl populärsten deutschen Entertainer, der sich ins Charakterfach auf der Bühne hinaufspielte. Es war der ewige große Traum seines Lebens - den er sich mit eigener Kraft und allgemein bewundertem Können erfüllte und selbst zerstörte.
Susanne Juhnke beschreibt das in ihrem Rückblick in allen erschütternden Einzelheiten, mit großem Gefühl, vor allem aber mit einer tiefen Verzweiflung über die «Scherben ihres Lebens». Ein Leben an der Seite eines Mannes, mit dem sie alt werden wollte, und den sie doch an die unheilbare Demenz-Krankheit verlor und den sie schließlich nach jahrelangem vergeblichen Kampf im Dezember 2001 in ein Pflegeheim einliefern musste - und mit ansehen muss, «wie der geliebte Partner allmählich im Dunkel verschwindet». Der beliebte TV- Unterhalter mit manchmal traumhafter Einschaltquote von 59 Prozent (über 30 Millionen Zuschauer) war nach Feststellung von Spezialisten manisch-depressiv.
«Als ich mich für ein Leben mit Harald Juhnke entschied, wusste ich nicht wirklich, was es bedeutete, wenn jemand "trank"», schreibt Susanne Juhnke. «Wir hatten doch alles, was das Herz begehrte. Dass wir einmal so viel Leid erfahren würden, das lag vollkommen jenseits meines Vorstellungsvermögens.» Die junge Schauspielerin hatte ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn Oliver zuliebe ihre eigene hoffnungsvolle Karriere aufgegeben und sah sich im Laufe der 30- jährigen Ehe immer mehr in die Rolle einer Pflegerin und Krankenschwester hineinrutschen. «Ich bin hoffnungslos überfordert», notiert Susanne Juhnke am 28. November 2001 in ihr Tagebuch. «Ich wünschte, es würde sich jemand um mich sorgen.» Sie läuft herum, «wie ein Huhn ohne Kopf».
Sie verschont den Leser nicht mit vielen detaillierten Beschreibungen der schrecklichen Alkohol-Abstürze und Rückfälle ihres Mannes entgegen all seiner sich stets wiederholenden Versprechungen seit den 70er Jahren. «Leere Worte eines kranken Mannes, der nicht nur seine Karriere aufs Spiel setzte, sondern in selbstzerstörerischer Manie mit seiner Gesundheit, seinem Glück, seinem ganzen Leben spielte.» Es sind die Schilderungen einer Frau, die in ihrem Zuhause einen wahren Psycho-Horrortrip erlebt und erkennen muss: «Mein Mann kommt nach Hause und ich verspüre nichts als Angst.» Und doch kämpft sie immer wieder um die Liebe, zwischen Hoffen und Hilflosigkeit schwankend.
Wirre Szenen spielen sich ab, auch in den immer wieder aufgesuchten Kliniken. «Harald im Clinch mit der Krankenschwester», notiert Susanne Juhnke. Oder zuhause, wenn er barfuß am Gartenzaun umherirrt und seiner Frau zuflüstert: «Die Russen!» Weihnachten 2000 klingelt er an der Wohnungstür und steht mit Schlafanzug, Hut und Mantel auf der Straße. Immer wieder verwüstet er die Wohnung und legt nachts in Disko-Lautstärke seine geliebten Frank-Sinatra-Songs auf («I did it My Way») - «Hilflos liegt mein Mann am Boden vor dem Schrank, die Gardinenstange heruntergerissen, sein Sessel umgestürzt. Es sieht aus wie nach einem Kampf.»
Seine Frau, die er oft nachts aus dem Schlaf reißt, weil er irgendetwas gehört oder gesehen haben will, fühlt sich hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Wut. Auch gibt es immer wieder Hoffnungszeichen, wenn sich Harald relativ normal benimmt und sich auch an Gesprächen beteiligt. Oder sogar mit seiner Frau in der Klinik Walzer tanzt. Aber von einer Minute zur anderen versinkt er wieder in seiner eigenen Welt und ruft in der Klinik nach dem Regisseur und beschwert sich über eine zu niedrige Gage. «Für ihn gab es nur den Beruf und nochmals den Beruf.» Er murmelt etwas von Vorhang und Applaus und Bühne. Am 9. September 2001 notiert Susanne Juhnke: «Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht mehr!»
Zwei Wochen später sagt ihr Mann zu ihr, als sie das Licht in seinem Zimmer löscht: «Vergiss nicht, dass ich dich liebe!» Doch schon im Juli 2000, nach der verheerenden Zechtour ihres Mannes bei Dreharbeiten in Baden bei Wien, wusste sie: «Wir haben den Kampf gegen den Alkohol verloren.» Es bleibt der nüchterne, grausame Blick auf die Wahrheit: «Mein eigener Mann, der strahlende Sonnyboy auf der Bühne, der über alle Maßen beliebte Entertainer und Fernsehstar, so verwirrt, so hilflos...Dieses Häufchen Elend, alles kommt mir so unwirklich vor. Was soll nur werden?»