Porträt Porträt: Erich Böhme - ein «unheilbarer Journalist» ist tot
Hamburg/dpa. - Der gebürtige Frankfurter festigte den Ruf desHamburger Wochenblatts als Enthüllungsmagazin, bevor er als Moderatorvon «Talk im Turm» auf Sat.1 einem Millionenpublikum zum bekanntenGesicht wurde.
Im Fernsehen war Böhme der Mann mit der Brille. «Meine Brille -das ist wie der Schwanz beim Dackel, wenn er sich freut», sagte derModerator einmal zum schwungvollen Drehen der Augengläser in seinerHand. Von 1990 bis 1998 war Böhme 393-mal Gastgeber der renommiertenSendung. Seine schärfsten Konkurrenten in jenen Jahren waren Frauen:Maybrit Illner (ZDF) mit «Berlin Mitte» und Sabine Christiansen(ARD), die wie Böhme am Sonntag ihre Plaudergäste empfing.
Den Höhepunkt seiner Karriere erlebte der studierte Volkswirtjedoch beim «Spiegel». Nach Stationen bei den VereinigtenWirtschaftsdiensten vwd und der «Deutschen Zeitung» heuerte Böhme1958 in Hamburg an, zunächst als Wirtschaftskorrespondent in Bonn.1973 wurde der Mann, der sich selbst als «unheilbaren Journalisten»bezeichnete, Chefredakteur des Magazins.
Der Rücktritt des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten UweBarschel (CDU) im Jahr 1987 geht nicht zuletzt auf Böhmes Konto.Unter seiner Verantwortung veröffentlichte «Der Spiegel» dieEnthüllungen des Medienreferenten Reiner Pfeiffer über BarschelsManipulationen im Landtagswahlkampf. In jenen Jahren gab es aberschon Konflikte zwischen Chefredakteur Böhme und «Spiegel»-Herausgeber Rudolf Augstein.
Im Herbst 1989 schrieb Böhme dann über die nahende Vereinigung derbeiden deutschen Staaten: «Ich möchte nicht wiedervereinigt werden.»Kurze Zeit später bat er Augstein um die vorzeitige Lösung seinesVertrags. 1990 wurde Böhme Herausgeber der «Berliner Zeitung», die imOstteil der künftigen Hauptstadt fest verwurzelt war. Vier Jahre langnahm Böhme diese Position ein. Parallel dazu kam er als Talkmasterbei Sat.1 auf den Bildschirm.
Für seine Moderatorenrolle im Fernsehen heimste Böhme mehrerePreise ein. Als Journalist pendelte er zwischen Hamburg und Berlin,hatte Wohnsitze an der Nordsee und in Südfrankreich, doch beimFußball hielt er der Eintracht aus seiner Geburtsstadt Frankfurt dieTreue. Böhme war mehrfach verheiratet; seine zweite Frau starb anKrebs. Auch Böhme selbst hatte die heimtückische Krankheit.
Nach einem Urlaub in Frankreich bekam der damals 73-Jährige dieDiagnose, wieder erkrankt zu sein. «Der Krebs ist leiderzurückgekehrt. Aber ich werde ihn erneut zum Teufel jagen», sagteBöhme der «Bild am Sonntag» im Jahr 2003. Schon damals bekannte derJournalist indes offen, es gehe ihm «nicht gut».