Hilfe zur Pflege Pflegebedürftige warten teils monatelang auf Sozialhilfe
Menschen, die sich die Kosten für Pflegeheim oder ambulante Pflege nicht leisten können, haben Recht auf die Sozialleistung Hilfe zur Pflege. Doch in vielen Berliner Ämtern stauen sich die Anträge.

Berlin - Pflegebedürftige mit wenig Geld müssen oft Monate auf staatliche Hilfe warten. Manche Sozialämter in Berlin brauchen sogar bis zu einem Jahr oder länger für die Bewilligung der sogenannten Hilfe zur Pflege, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter acht Bezirksämtern ergeben hat. Zuvor hatte das ARD-Magazin „Report Mainz“ über den Antragsstau berichtet.
In Pankow ist die Wartezeit mit Abstand am längsten. „Tatsächlich gibt es Vorgänge, die seit mehr als 2 Jahren nicht bearbeitet werden konnten“, teilte eine Sprecherin des Bezirksamts mit. Die Anzahl unbearbeiteter Poststücke liege im beginnenden fünfstelligen Bereich. Dringende Fälle würden bevorzugt behandelt, etwa wenn der Wohnungsverlust drohe. Das teilten auch andere Bezirksämter mit.
In Deutschland deckt die Pflegeversicherung nur einen Teil der anfallenden Kosten, den Rest müssen die Betroffenen oder ihre Angehörigen in der Regel selbst zahlen. Wenn das Geld dafür nicht reicht, gibt es die Möglichkeit die Sozialleistung Hilfe zur Pflege zu beantragen.
Bezirke beklagen Personalmangel
In Steglitz-Zehlendorf liegt die Bearbeitungszeit im Schnitt bei zwischen fünf und zehn Monaten, in Marzahn-Hellersdorf bei etwa sechs und in Spandau bei vier bis fünf Monaten. In Friedrichshain-Kreuzberg geht es deutlich schneller: „Sofern alle notwendigen Unterlagen vorliegen, dauert die Bearbeitung bei ambulanten Anträgen in der Regel nicht länger als sechs Wochen“, sagte eine Sprecherin. Im Bezirk gäbe es derzeit 150 offenen Anträge. Das sind deutlich weniger als in anderen Bezirk. In Pankow sind es zum Beispiel rund 850, in Charlottenburg-Wilmersdorf rund 580.
Viele Bezirksämter begründen die langen Wartezeiten mit einem Anstieg der Anträge bei gleichzeitigem Personalmangel. Die Berliner Ämter für Soziales seien systematisch unterausgestattet, erklärte Hannes Rehfeldt, Bezirksstadtrat in Neukölln. „Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Sachbearbeiter zeitweise oder (mehr oder weniger) dauerhaft bis zu 500 Fallakten betreuen muss.“
Unterlagen sind häufig unvollständig
In Steglitz-Zehlendorf sind von knapp 16 Vollzeitstellen für die Hilfe zur Pflege derzeit in etwa 12 Stellen besetzt (Stand 14. Mai), wie Stadtrat Tim Richter mitteilte. Durch Neuanstellungen, Kündigungen, Anträge auf Teilzeit oder Elternzeit ändere sich die Zahl laufend.
Eines der Hauptprobleme sei die fehlende Mitwirkung der Antragsteller, wie es in zahlreichen Antworten heißt. In vielen Fällen lägen die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig oder in nicht verwertbarer Qualität vor, sagte Richter.
Auch andere Bundesländer sind betroffen
Um Anträge schneller zu bearbeiten, will das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf Stellen zügig nachbesetzen und zusätzlich etwa auch Quereinsteiger oder Praktikanten anstellen. Im Bezirksamt Pankow läuft nach Angaben der Sprecherin seit einem Jahr ein Projekt, das unter anderem dabei helfen soll, Rückstande abzubauen und zusätzliches Personal zu finden.
Der Senatsverwaltung für Pflege ist bekannt, dass es in den Bezirken seit längerem Probleme mit der Bearbeitung der Anträge gibt, wie Sprecherin Dörthe Arnold sagte. „Die Berliner Bezirke stehen mit dem Problem nicht allein da, auch andere Bundesländer sind betroffen.“
2023 erhielten rund 22.000 Berliner Hilfe zur Pflege
Problematisch sei, dass die Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht deckungsgleich mit denen der Pflegeversicherung seien. Das habe zur Folge, dass die Bezirke in jedem Fall zwingend eine Bedarfsprüfung vornehmen müssten. „Das kostet zusätzliche Zeit.“ Die Verwaltung fordere daher vom Bund eine Reformierung des Systems.
Im Jahr 2023 haben in Berlin nach Angaben des Statistischen Bundesamts 22.010 Menschen Hilfe zur Pflege erhalten. Neuere Zahlen legte die Berliner Pflegeverwaltung zunächst nicht vor.