Prozess Pastor muss erneut vor Gericht: Vorwurf der Volksverhetzung
Ein Pastor, der von „Genderdreck“ gesprochen hat, muss sich erneut vor Gericht verantworten. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hob am Donnerstag seinen Freispruch auf. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Volksverhetzung vor.

Bremen - Der Prozess gegen den 55 Jahre alten Bremer Pastor Olaf Latzel wegen mutmaßlicher Volksverhetzung wird erneut verhandelt. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen entschied am Donnerstag, ein Urteil des Landgerichts vom Mai 2022 aufzuheben. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der evangelische Pfarrer wird sich somit wieder vor dem Landgericht verantworten müssen. Latzel sagte der Deutschen Presse-Agentur, er dürfe sich wegen eines anhaltenden Disziplinarverfahrens nicht äußern. Die Verteidigung hatte beantragt, die Revision zu verwerfen.
Der Vorsitzende Richter betonte in der Begründung für die Aufhebung des Urteils die Rolle der Menschenwürde. Auch folgte er stellenweise der Argumentation der Staatsanwaltschaft Bremen, wonach das Landgericht nur lückenhaft festgestellt habe, wie die Dinge sich abgespielt hätten. Der Kontext von Latzels möglicherweise volksverhetzenden Aussagen sei grob oder gar nicht mitgeteilt worden, bemängelte der Richter.
Im Zentrum der Vorwürfe stehen Äußerungen Latzels, die während eines Eheseminars im Oktober 2019 fielen. Er sprach von „Genderdreck“, einer „Homo-Lobby“ und „Verbrechern“ vom Christopher Street Day. Die Aussagen, für die er sich später entschuldigt haben soll, gelangten als Audiodatei auf Youtube. Die Verteidigung betonte, dass Latzel die Datei nicht selbst veröffentlichte, sondern ihrer Verbreitung nur zugestimmt habe.
Das Amtsgericht Bremen verurteilte Latzel im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von insgesamt 8100 Euro. In einem Berufungsprozess sprach ihn das Landgericht frei. Nach Einschätzung des Gerichts habe er nicht zu Hass angestachelt. Auch seien die Äußerungen von der Religions- und Meinungsfreiheit gedeckt gewesen.
Die Bremische Evangelische Kirche teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, dass das Urteil zur Kenntnis genommen worden sei. Eine Bewertung werde allerdings erst nach Abschluss des Verfahrens vorgenommen. Die Landesarbeitsgemeinschaft Queer der Grünen Bremen begrüßte in einer Mitteilung die Entscheidung des Gerichts. Kritikerinnen und Kritiker des Pastors hielten während des Prozesses vor dem Gerichtsgebäude eine Kundgebung ab.