Partnerschaft Partnerschaft: Wie viel Kavalier darf es heute noch sein?

Hamburg/Berlin/dpa. - Heute bekommt manchverhinderter Gentleman ein barsches «das kann ich selbst» entgegengezischt. Andere Frauen dagegen schmelzen dahin. Zurück bleibenverunsicherte Männer, die sich fragen: Wie viel Kavalier darf es nunsein?
So viel wie möglich, sagen Experten unisono. «Im Prinzip ist allesimmer noch gern gesehen», schildert Imme Vogelsang von EtiketteTrainer International in Hamburg ihre Erfahrung. Schließlich zeigehöfliches Verhalten nur, dass man Mitmenschen wertschätzt. Gerade beijungen Menschen stellt Vogelsang in ihren Seminaren eineRückbesinnung auf traditionelle Formen der Höflichkeit fest. DieTeilnehmer seien begierig, gute Manieren zu lernen. UndFlirttrainerin Nina Deißler aus Hamburg erzählt, die Teilnehmerinnenihrer Seminare schätzten «alles, was auf eine gute Kinderstubeschließen lässt».
Frauen mögen es also noch immer, umsorgt, verwöhnt und galantbehandelt zu werden. Auch Frauen wie Lena Knappert, 27 Jahre alt,Doktorandin der Wirtschaftswissenschaften, selbstbewusst undselbstständig, ein Musterbeispiel der Emanzipation. Sie schätzt es,wenn ein Mann ihr die Tür aufhält oder Blumen schenkt, und sogareinen Handkuss zum Abschied verschmäht sie nicht. «Ich findesämtliche höflichen Umgangsformen gut», sagt sie, «bis zu dem Punkt,an dem ich mich bevormundet fühle.»
Damit ist sie nicht allein. Der Stiltrainer Jan Schaumann ausBerlin warnt Männer deshalb davor, einer Frau ohne Nachfrage denMantel oder die Einkaufstasche abzunehmen. Zuvor sollten sie immer umErlaubnis fragen.
An diesem Leitfaden können sich Männer auch im verminten Geländedes Bezahlens in Bar und Restaurant entlanghangeln. Frauen verdienenheute ihr eigenes Geld, nicht selten mehr als ihr Verehrer, und«wollen sich nicht kaufen oder mieten lassen», sagt Deißler. Deshalbkomme eine früher gängige Galanterie heute «bei 99 Prozent der Frauengar nicht mehr gut an»: einer Dame in der Bar ein Getränk bringen zulassen. Die Geste übe Druck auf die Frau aus und mache den Manndadurch unsympathisch.
Grundsätzlich sollten Männer sorgfältig abwägen, wann sie eineFrau auf einen Drink einladen. Als Einstieg beim Ansprechen komme dasmeist nicht so gut an, sagt Deißler - siehe Käuflichkeit. «Aus derSituation heraus, zum Beispiel nach dem Tanzen, finden es aber diemeisten nett und großzügig.»
Zu zurückhaltend sollte der Mann aber auch nicht sein - besondersbei der vielleicht heikelsten Situation: Der Kellner tritt an denTisch und fragt «getrennt oder zusammen»? Nun gelte es, beherzt«zusammen» zu sagen, rät Deißler. «Die Frau fragend anzugucken, istdas blödeste, was man machen kann.» Dann habe sie keine andere Wahl,als «getrennt» zu sagen. Und wenn das Date bis dahin nurmittelprächtig verlief, sei es spätestens in diesem Momentgescheitert.
Am elegantesten löst der Mann die klemmige Bezahlfrage, wenn erdie Frau um ihr Einverständnis bittet: «Mach mir die Freude, ichwürde Dich gern einladen.» Und als Krönung empfiehlt Deißler, «dasnächste Mal darfst du» hinterherzuschieben. So zeige er ihr gleich,dass er sie wiedersehen will. Und sie fühlt sich auf Augenhöhe.
Grundsätzlich gelten heute die selben Höflichkeitsregeln für alle.«Emanzipation heißt nichts anderes, als dass sich beide in den Mantelhelfen», sagt Vogelsang. Besonders im Berufsleben sollten Männerdarauf achten, Frauen nicht bevorzugt zu behandeln. Denn in manchenUnternehmen werde die Gleichstellung so strikt eingehalten, dassgalantes Verhalten als diskriminierend ausgelegt werden könnte.
Aber auch im Privatleben gilt manchmal: Das Gegenteil von gut istgut gemeint. So wirke es heute übertrieben, wenn der Mann um das Autospurtet, um der Beifahrerin die Tür zu öffnen. «Bis dahin sind wirschon an der Restauranttür», sagt Vogelsang. Diese Sitte sei einRelikt aus der Zeit, als Frauen unbequeme Kleidung trugen und darinetwas hilflos waren. Beim Einsteigen zu helfen, werde dagegen weitergern gesehen - besonders von jungen Frauen, die es nicht mehr gewohntsind.
Der Grat zwischen charmant und albern ist oft schmal. DochSchaumann rät, sich nicht entmutigen zu lassen. Im Zweifelsfall würdeer eher riskieren, sich durch galantes Benehmen zum Affen zu machen.Denn in den meisten Fällen falle die Reaktion positiv aus.