"Ozapft is" "Ozapft is": Münchens OB eröffnet 180. Oktoberfest

München/dpa - Das waren Zeiten: Angela Merkel kam persönlich zur Oktoberfest-Eröffnung. 2002 war sie, wenngleich als CDU-Chefin, mit SPD-Innenminister Otto Schily auf der Prominenten-Empore beim Anstich dabei. Wie dieses Jahr fiel damals der Wiesnstart auf den Tag vor der Bundestagswahl. Warum Merkel im roten Kleid kam, blieb ungeklärt.
Bayerns Politiker unter sich
An diesem Samstag kam kaum Polit-Prominenz aus Berlin. Kein Bundesminister prostete dem Volk im Schottenhamel-Zelt zu. Selbst Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in früheren Jahren treue Besucherin beim Anstich, fehlte.
Die bayerische Politik war weitgehend unter sich: Regierungschef Horst Seehofer (CSU) natürlich, Ehrengast und eine der Hauptpersonen zum Wiesn-Beginn. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), Herrscher in der Anstichboxe und mit zwei Schlägen Anzapf-Rekordhalter, reichte Seehofer die erste Maß. Bei der Landtagswahl vor einer Woche war es Ude nicht gelungen, Seehofer als Ministerpräsident abzulösen. Er habe ihm nun noch einmal so „richtig eingeschenkt“, betonte Ude - hochdeutsch etwa: es ihm so richtig gezeigt.
Eine Handvoll Bundestagsabgeordnete mit Bayern-Bezug wurde gesichtet: Hans-Peter Uhl (CSU), Rainer Stinner (FDP), Florian Pronold (SPD), Jerzy Montag und Claudia Roth (Grüne), die im neongrünen Dirndl vielleicht doch ein bisschen Wahlwerbung machen wollte - obwohl die Wiesn politik-freie Zone ist. Die Farbe kann, aber muss nicht politisch sein. Heino, in roter Trachtenjacke, wies jeden Verdacht von sich: „Das ist nicht die Farbe, die ich wähle.“
Merkel ist Brathendl-Fan
Das Bierzelt ist in Bayern der klassische Ort, um die Massen zu erreichen. Aber die Wiesn soll nicht zur Wahlkampfarena werden. Geschickt hat die Kanzlerin heuer in Abwesenheit das Tabu eingehalten - und trotzdem rechtzeitig zum Oktoberfest auf sich aufmerksam gemacht: Während die Grünen an den Folgen ihres Veggie-Day-Vorschlags kauen, bekannte Merkel sich als Brathendl-Fan. „Ich habe gerade in der neuesten „Bunten“ gelesen: schönes Oktoberfest-Hendl - wie man das macht. Und da ist mir fast das Wasser zusammengelaufen im Hubschrauber“, sagte sie kürzlich bei einem Wahlkampfauftritt.
Für Ude ist es nach 20 Jahren die letzte Wiesn als OB. Er tritt bei der Kommunalwahl 2014 altersbedingt nicht mehr an. Sein Wunsch-Kronprinz ist beim Anstich schon dabei: Wiesnchef Dieter Reiter (SPD) will OB werden.
Wiesn-Auftritt nicht immer von Vorteil
Ob die Wiesn politisch Glück bringt, ist offen. Ude scheiterte trotz seiner Stellung als OB und Anzapfmeister gegen Seehofer. Reiters Vorgängerin als Wiesnchefin, Gabriele Weishäupl, wollte für die FDP in den Landtag, aber diese verfehlte dort den Einzug.
Auch Auftritte auf der Wiesn sind - selbst ohne politische Aussage - politisch nicht immer von Vorteil: Verhaltene Buh-Rufe begrüßten 2008 den damaligen Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) und Ehefrau Marga. Denn diese verweigerte das Dirndl und kam in pastellfarbener Trachtenjacke - ein „Dirndl-Gate“. Zudem war Beckstein mit der Aussage unter Druck geraten, man könne, wenn man viele Stunden im Bierzelt sitze, nach zwei Maß noch Autofahren. Über die „Beckstein-Maß“ wird heute noch gelegentlich gespottet.
Bis zum Rücktritt kann ein Wiesn-Besuch führen. Bundespräsident Christian Wulff nahm nach Vorwürfen der Vorsteilsannahme seinen Hut. Unter anderem ging es um einen Wiesn-Besuch mit Hotelübernachtung, die der Filmproduzent David Groenewold bezahlt haben soll.