Ostfriesland Ostfriesland: Drei Tote bei Bootsunglück im Moormerland

Warsingsfehn/dpa. - Acht weitere Menschen wurden nach Polizeiangaben in dem nurrund anderthalb Meter tiefen Kanal verletzt. Das fünf Meter langeKajütboot war aus ungeklärter Ursache gekentert und Kiel oben liegen geblieben. Zwei befreundete Familien aus der zwischen Leer und Aurichgelegenen Gemeinde Moormerland hatten es für einen Ausflug genutzt.Nach dem Kentern waren mehrere Menschen in dem Boot eingeschlossen.
Am Sonntag zeugen nur noch beschädigte Uferkanten und tiefeFahrspuren der Rettungsfahrzeuge von dem Drama, das sich am Abendzuvor auf dem rund 15 Meter breiten Kanal abgespielt hatte. «Warumdas Boot kenterte, ist völlig unklar», sagt Polizeisprecher GünterPenning. Fest stehe, dass sich fünf der elf Menschen ans Ufer rettenkonnten. Sie holten Hilfe in einem 800 Meter entfernt gelegenen Haus.«Wir wussten ja überhaupt nicht, wie viele Menschen da nochdrinsteckten», sagt ein 53 Jahre alter Anwohner und Ersthelfer, derseinen Namen nicht nennen möchte. Er steht an der Unglücksstelle,blickt auf die Seerosen und schüttelt den Kopf. «Unfassbar.»
«Wir haben die da drin ja noch gehört», sagt sein 42 Jahre alterBekannter. Er war in Unterhose und T-Shirt zum Boot geschwommen.«Unter meinen Füßen habe ich einen Körper gespürt, aber wir konntendoch nichts tun, das Boot lag drauf», sagt er. «Irgendwann hatten wireine Motorsäge. Der eine Vater hat wie wild am Rumpf gesägt und immergerufen "Da sind noch mein Baby und mein Vater drin".» Auch dieFeuerwehr sei weitgehend hilflos gewesen, sagt der 42-Jährige.
Ortsbrandmeister Ingo Brinker weist die Vorwürfe zurück. Er sitztSonntagmittag in seinem Haus fünf Autominuten von dem Kanal entfernt.«Ich kenne beide Familien vom Sehen», sagt er. Die Lage sei anfangs«unübersichtlich» gewesen, die Zahl der Verunglückten unbekannt. «Diehatten Luft unter dem Boot. Hätten wir es einfach umgedreht, wäre dieLuft vielleicht weg gewesen», sagt der 42-Jährige, der seit 26 JahrenFeuerwehrmann ist.
«Am sichersten war es, ein Loch zu sägen», sagt Brinker. «Doch dieSägen sind heiß gelaufen. Das war ein Kunststoffboot, das ist immerwieder verschmolzen.» Erst gegen 22 Uhr - eineinhalb Stunden nach derAlarmierung - sei die Öffnung groß genug gewesen, um die Menschen ausdem kalten Wasser zu holen. «Das Baby war in einer Tasche und seinGesicht schon ganz blau», sagt Brinker.
Nach den Angaben der Polizei kam der sechs Monate alte Säuglingmit dem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus nach Oldenburg, woihm nicht mehr geholfen werden konnte. Der vierjährige Sohn deranderen Familie sei unter dem Boot eingeklemmt gewesen. Sein 57-jähriger Großvater habe die Falle in der Kajüte unter Wasser nichtüberlebt. Die Hilfe am rettenden Ufer sei für beide zu spät gekommen.«Der 57-Jährige war der Besitzer des Bootes», sagt PolizeisprecherPenning. Ob Voraussetzungen wie der Besitz eines Bootsführerscheinsund das Tragen von Schwimmwesten bei der Tour eingehalten wordenseien, müsse die Polizei noch klären. Eine Höchstgrenze für diePassagiere eines Sportbootes dieser Größe gebe es nicht.
Pastor Hans-Martin Heins war als einer von sechs Seelsorgern ander Unglücksstelle. «Das war eine Katastrophe», sagt er am Sonntag.Nach und nach seien Verwandte der Familien an den Kanal gekommen. «Amschlimmsten war die lange Ungewissheit, wie viele da nun noch in demBoot sind und ob sie noch leben», sagt Heins. Am Abend wolle er sichnoch einmal mit der Feuerwehr für ein Gespräch treffen. Ein Unglückdiesen Ausmaßes habe es in der Umgebung noch nie gegeben. «Und wiedas Boot umkippen konnte, ist uns allen völlig unerklärlich.»