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Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen: 15-Jähriger steht wegen Verbrechen vor Gericht

05.04.2010, 07:17

Wuppertal/Velbert/ddp. - Geschlagen, misshandelt und dann zumSterben in einen Kanalschacht gestopft: Nur knapp hatte die damalsneunjährige Kassandra aus Velbert-Neviges (Nordrhein-Westfalen) imvergangenen Herbst diese Tortur überlebt. Ab Mittwoch (7. April, 9.15Uhr) steht ein 15-jähriger Förderschüler wegen dieses Verbrechens vorder 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Wuppertal. DieStaatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord vor. Der Jugendlichebestreitet die Tat.

Die Grundschülerin hatte am 14. September 2009 den Nachmittag ineinem katholischen Jugendtreff in Velbert-Neviges verbracht. NachÜberzeugung der Staatsanwaltschaft wurde das Mädchen von demJugendlichen am Abend nach ihrer Schulaufgabenbetreuung abgepasst undschwer misshandelt. Dabei soll er dem Kind mit einem Stein insGesicht geschlagen und es lebensgefährlich verletzt haben.Schließlich soll der Angeklagte das Mädchen in den Schacht einesAbwasserkanals gesteckt und den Schacht mit einem schwerenKanaldeckel verschlossen haben. Dieser Schacht wurde zudem mit Ästenabgedeckt. Die Staatsanwaltschaft wertet das Vorgehen als versuchtenMord, um die vorher begangene Körperverletzung zu verdecken.

Als Kassandra nicht zum vereinbarten Zeitpunkt nach Hause kam,starteten ihre Angehörigen eine Suchaktion. Erst in der Nacht, übersieben Stunden nach dem Verbrechen, fand ein Suchhund Kassandra indem Kanalschacht in rund 1,50 Meter Tiefe. Das Mädchen schwebte nichtnur wegen seiner Kopfverletzungen in akuter Lebensgefahr. Aufgrundvon starken Regenfällen stieg das Wasser im Kanalschacht an,womöglich wäre sie in dem Gully ertrunken.

Kassandra wurde in ein Krankenhaus eingeliefert und in einkünstliches Koma versetzt. Die Ärzte diagnostizierten einSchädel-Hirn-Trauma sowie innere Bauchverletzungen. Hinweise aufeinen sexuellen Missbrauch fanden sich nicht. Erst nach einigen Tagenwar ihr Zustand stabil.

Eine 20-köpfige Mordkommission suchte mit Unterstützung desLandeskriminalamts nach dem Täter. Dabei geriet der Angeklagte frühin das Visier der Ermittler. Er kannte das Mädchen von dem gemeinsambesuchten Jugendtreff und war mit Kassandras Geschwistern befreundet.

Der 15-Jährige kommt aus geordneten Verhältnissen und besucht eineFörderschule für kommunikations- und emotional gestörte Kinder. NachAngaben der Polizei war er schon seit seiner Grundschulzeit alsverhaltensauffällig bekannt. Im Jugendtreff interessierte er sichimmer auffallend für die Gruppe mit sechs- bis zwölfjährigen Kindern,die er wiederholt schikaniert haben soll. Auch zum Tatzeitpunktwollen ihn Zeugen in der Einrichtung gesehen haben.

Belastet wird er zudem durch Faserspuren an der blutverschmiertenJacke Kassandras und einem von der Polizei nicht näher bezeichnetenTatwerkzeug.

Der in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte bestreitet die Tat.Auch seine Rechtsanwältin hegt nach eigenen Angaben «große Zweifel»an der Täterschaft ihres Mandanten. Die von der Polizei vorgelegtenbelastenden Faserspuren könnten durch eine sogenannteSpurenübertragung erklärbar sein. Auch seien die Aussagen von anderenKindern, die ihren Mandanten belasteten, überbewertet worden. Mehrerevon ihr initiierte Haftprüfungstermine blieben allerdings erfolglos.

Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, dader Beschuldigte minderjährig ist. Das Urteil soll am 23. Juniverkündet werden.