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Niedersachsen Niedersachsen: Nur ein Rußfleck erinnert noch an Busunglück

04.11.2008, 21:01
Ein Polizist untersucht auf der Autobahn A2 bei Garbsen Nahe Hannover einen ausgebrannten Reisebus in dem nach Angaben der Polizei 20 Fahrgäste starben. (FOTO: DPA)
Ein Polizist untersucht auf der Autobahn A2 bei Garbsen Nahe Hannover einen ausgebrannten Reisebus in dem nach Angaben der Polizei 20 Fahrgäste starben. (FOTO: DPA) dpa

Hannover/dpa. - Nach dem grausamen Flammentod von 20 Teilnehmerneiner Kaffeefahrt in einem Bus auf der Autobahn 2 bei Hannover stehendie Ermittler vor einem Rätsel. Bisher ist trotz vieler Vermutungennoch unklar, wie das Feuer in dem Reisebus entstand und wie es sichso rasend schnell ausbreiten konnte. Ein technischer Defekt gilt aberals unwahrscheinlich. Vier der 13 Verletzten rangen am Mittwoch nochmit dem Tod. Sie lagen im künstlichen Koma. Der viereinhalb Jahrealte Reisebus hatte sich auf dem Heimweg von einer Kaffeefahrt insMünsterland befunden. An Bord waren vor allem Senioren, darunter auchGehbehinderte.

Die Identifizierung der Toten wird mehrere Tage dauern, weil dieLeichen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind. Die genaue Ermittlungder Namen der Opfer gestaltet sich auch deswegen schwierig, weil sichzu dem Ausflug mehr Menschen angemeldet hatten als letztlichmitfuhren. Eine genaue Passagierliste existierte nicht. «Wir gehendavon aus, dass wir die 20 Personen kennen», sagte EinsatzleiterThomas Rochell am Mittwochabend in der ARD-Sendung «Brennpunkt». DieBergung der Leichen aus dem Wrack sollte am späten Abendabgeschlossen werden.

Für Donnerstagabend lud Hannovers Landesbischöfin Margot Käßmannzusammen mit Pastoren und Notfallseelsorgern zu einer Andacht in dieMarktkirche ein. Die 13 Überlebenden des Unglücks und wohl auch alle20 Toten stammen nach Angaben von Hannovers Polizeipräsident UweBinias aus dem Großraum Hannover.

Vier Verletzte schweben in Lebensgefahr: Die Kombination aus denVerbrennungen, den eingeatmeten Rauchgasen und dem hohen Alter derPatienten sei lebensbedrohend, sagte der Leiter des BereichsVerbrennungsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover, Prof.Hans-Oliver Rennekampff. Dort werden sieben Schwerstverletztebehandelt, fünf Opfer liegen in anderen Krankenhäusern. Nur der 51Jahre alte Fahrer des Busses konnte die Klinik bereits verlassen. Beiden Verletzten handelt es sich um sieben Männer und sechs Frauen imAlter von 46 bis 79 Jahren.

Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete ein Ermittlungsverfahrengegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung ein. Das Feuer in demUnglücksbus breitete sich nach Angaben des Polizeipräsidenten«blitzartig und sehr, sehr schnell aus». Der genaue Hergang ist abernoch unklar: Vermutet wird unter anderem, dass ein Fahrgast in derToilette heimlich rauchte und die Zigarette nicht ordentlich löschte.«Wir wissen die Ursache einfach nicht», betonte Bernd Keitel von derFeuerwehr Hannover.

Augenzeugen hatten von Rauchentwicklung in der WC-Kabineberichtet. Zuvor war ein Mann auf der Toilette, ob er dort rauchte,steht nach Polizeiangaben bisher nicht fest. Unklar ist auch, obdieser Mann unter den Toten ist. Als die Toilettentür geöffnet wurde,schoss eine Stichflamme aus dem kleinen Raum ins Fahrzeuginnere. DasFeuer habe den Hochdeckerbus unter Umständen auch deshalb so schnellganz erfassen können, weil sich die Flammen wie durch einenKamineffekt nach oben ausbreiten konnten. Wenn sich der Rauch sehrschnell im Bus verteile, bildeten sich zudem entzündliche Gase,erklärten die Ermittler.

Der Busfahrer habe nach den Feuerrufen der Passagiere sofortreagiert, sein Fahrzeug von der mittleren Spur an den Rand gesteuertund die Türen entriegelt und geöffnet. Der Fahrer habe noch biszuletzt versucht, Menschen ins Freie zu bringen, sagte der Anwalt derInhaberfamilie des Unternehmens.

Der Bus gehörte dem hannoverschen Traditions-ReiseunternehmenMommeyer. Er war nach Angaben des Junior-Chefs Oliver Prehn in einem«einwandfreien Zustand». «Der Bus war viereinhalb Jahre alt und wirdregelmäßig gewartet, ein Top-Bus», sagte der Junior-Chef. Der völligausgebrannte Bus wurde auf das Gelände der Zentralen Polizeidirektionin Hannover geschleppt, wo Rechtsmediziner mit der Identifizierungder Leichen begannen. Spezialisten von Polizei und Feuerwehr nahmendie Suche nach der Unfallursache auf.

In Hannover war vor dem Rathaus Halbmast geflaggt. NiedersachsensMinisterpräsident Christian Wulff (CDU) drückte den Angehörigen seinMitgefühl aus. Auch die EU-Kommission zeigte sich bestürzt.

Eine zentrale Trauerfeier der Stadt Hannover ist für den kommendenMontag geplant. Der ökumenische Gedenkgottesdienst soll in der St.Johanniskirchengemeinde im Stadtteil Misburg stattfinden. Von dortund aus den umliegenden Stadtteilen stamme ein Großteil derverunglückten Reisenden, teilte die Stadt mit.

Rettungskräfte bergen auf der Autobahn A2 bei Garbsen nahe Hannover einen ausgebrannten Reisebus. Nach Angaben der Polizei sind 20 Fahrgäste ums Leben gekommen. (FOTO: DPA)
Rettungskräfte bergen auf der Autobahn A2 bei Garbsen nahe Hannover einen ausgebrannten Reisebus. Nach Angaben der Polizei sind 20 Fahrgäste ums Leben gekommen. (FOTO: DPA)
dpa
Rettungskräfte bergen auf der Autobahn 2 in Garbsen bei Hannover einen ausgebrannten Reisebus. Nach Angaben der Polizei sind möglicherweise mehrere Fahrgäste ums Leben gekommen (FOTO: DPA)
Rettungskräfte bergen auf der Autobahn 2 in Garbsen bei Hannover einen ausgebrannten Reisebus. Nach Angaben der Polizei sind möglicherweise mehrere Fahrgäste ums Leben gekommen (FOTO: DPA)
dpa