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Niedersachsen Niedersachsen: Lehrerin verliert Hasenbilder-Prozess

Von Janet Binder 20.07.2010, 07:09
Im Streit um Hasenbilder auf der Schultafel hat das Amtsgericht Vechta am Dienstag die Klage einer Lehrerin abgewiesen. (FOTO: DPA)
Im Streit um Hasenbilder auf der Schultafel hat das Amtsgericht Vechta am Dienstag die Klage einer Lehrerin abgewiesen. (FOTO: DPA) dpa

Vechta/ddp. - Sogar das russische Fernsehen ist zurUrteilsverkündung gekommen. Der Medienandrang im Amtsgericht Vechtaam Dienstagmorgen ist groß. Kein spektakulärer Kriminalfall steht an,sondern ein Mobbing-Prozess aus dem Schulalltag. Oder nur einSchülerstreich? Eine Erdkundelehrerin hat eine Schülerin verklagt,weil sie böse Gerüchte über eine angebliche Hasen-Phobie derPädagogin gestreut haben soll. Die heute 16-Jährige soll Hasen an dieTafel im Klassenzimmer gemalt und ihren Mitschülern erzählt haben,die Lehrerin fürchte sich vor den Tieren und drehe bei deren Anblickdurch. Das Amtsgericht wies die Klage nun zurück.

Mit der Ehrenschutzklage wollte die 60-jährige Lehrerin derSchülerin die vermeintlichen Sticheleien verbieten. ZurUrteilsverkündung erscheint die zurzeit krankgeschriebene Pädagoginnicht, nur ihr Mann und ihr Sohn sind anwesend. Der VorsitzendeRichter Hermann Pieper äußert sich anschließend nicht zu den Gründenseiner Entscheidung. Sie würden den Verfahrensbeteiligten erst späterschriftlich zugestellt. Die Lehrerin habe aber die Möglichkeit, gegendas Urteil Berufung einzulegen.

Die Mutter der verklagten Schülerin, Corinna Pohl, zeigt sicherleichtert. Ihre Tochter Kim habe im vergangenen Schuljahr wegen desGerichtsverfahrens «psychischen Stress» gehabt. Ihre Zensuren seienso schlecht geworden, dass sie nicht versetzt werde. Lachen könne sieselbst über den kuriosen Fall nicht. «Ich habe zu viele schlafloseNächte gehabt», sagt Pohl. Sie könne es nach wie vor nicht fassen,dass es soweit gekommen sei.

Die Deutsch- und Erdkundelehrerin hatte bereits 2008 eine andereSchülerin wegen einer ähnlichen Sache verklagt. Das Verfahren endetemit einem Vergleich. Die Schülerin darf nun nicht mehr behaupten,dass die Lehrerin an einer Hasenphobie leide. Damals hatte die Fraunoch an einer anderen Schule in Goldenstedt gearbeitet. Dort gingauch Kim zur Schule. Sie hatte die Gerüchte über die angeblichePhobie gegen Hasen mitbekommen.

Später wechselten Kim und die Pädagogin unabhängig voneinander aneine Haupt- und Realschule in Vechta. Die Jugendliche sagt am Randedes letzten Prozesstages, sie habe vor ihren Mitschülern «Oh nee!»gerufen, als sie erfahren hatte, dass die Frau in ihrer 9. Klasseunterrichten sollte. Und die hätten daraufhin wissen wollen, was dennmit der Lehrerin los sei. Deshalb habe sie ihnen von dem angeblichenProblem der Lehrerin erzählt. Und es seien zwei ihrer Mitschülergewesen, die eine Woche später aus Neugier ausprobieren wollten, wiedenn die Frau auf die an die Klassentafel gemalten Hasen reagiere.

Ihre Tochter habe mit dem Schülerstreich nichts zu tun gehabt,beteuert auch Corinna Pohl. «Sie hat auch keine Schüler gegen dieLehrerin aufgestachelt.» Trotzdem habe sie sofort ein Schreiben vomAnwalt der Lehrerin bekommen. Die Lehrerin habe sie vorher nichteinmal auf den Vorfall angesprochen. «Ich finde das unmöglich«, sagtPohl.

Ob die Lehrerin tatsächlich an einer Hasenphobie leidet, konnteder Prozess nicht klären. Auch Kims Klassenlehrer Gerd Wagemann weißdarauf keine Antwort. Er hat vor Gericht als Zeuge ausgesagt und istzur Urteilsverkündung gekommen. «Einerseits muss man solidarisch mitLehrern sein, die Stress haben», sagt Wagemann nachdenklich. Abergleich eine Klage einzureichen, sei für ihn nicht nachvollziehbar.Kim habe sich nichts zuschulden kommen lassen, sie sei ein sehrschüchternes Mädchen. Die betroffene Lehrerin hingegen habe seit 20Jahren schon Stress mit Schülern. Man müsse nur im Internet inentsprechenden Blogs schauen. Kim sei lediglich Auslöser für denganzen Trubel gewesen. Für die betroffene Schule sei «das Ganze nichtgut», sagt Wagemann.

Richter Pieper sagt nach der Urteilsverkündung: Der Fall möge nachaußen kurios anmuten, aber: «Mobbing und Kampf in der Schule»landeten nicht selten vor Gericht. Kims Mutter hofft nun, dass ihreTochter doch noch in die 10. Klasse versetzt wird. Sie hat bei derSchulbehörde einen entsprechenden Antrag gestellt. Dass die Lehrerinwieder an der Schule unterrichten wird, glaubt sie nicht.