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Natur Natur: Zwergbäume Made in GDR sollten Exportschlager werden

Von Gudrun Janicke 07.06.2007, 12:02
Matthias Riedel schneidet in den Botanischen Sammlungen der TU Dresden im Landschloss Zuschendorf bei Pirna den 90 Jahre alten Chinesischen Wacholder. Der etwa 60 Zentimeter hohe Zwergbaum ist ein Hingucker - auch wegen seiner Geschichte. (Foto: dpa)
Matthias Riedel schneidet in den Botanischen Sammlungen der TU Dresden im Landschloss Zuschendorf bei Pirna den 90 Jahre alten Chinesischen Wacholder. Der etwa 60 Zentimeter hohe Zwergbaum ist ein Hingucker - auch wegen seiner Geschichte. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Pirna/dpa. - Der etwa 60Zentimeter hohe Senior ist ein Hingucker - auch wegen seinerHistorie. «Anfang der 80er Jahre kam er als Geschenk aus Japan mit inden Osten und hatte damals bereits gut 60 Jahre auf dem Buckel», sagtSammlungsleiter Matthias Riedel. Damit galt der kleine Baum alsältester Bonsai in der DDR. Er gab den Anstoß für ein ehrgeizigesProjekt: Zwergbäume Made in GDR aus dem Raum Dresden sollten einExportschlager werden.

Der chronisch an Devisen klamme DDR-Staat versprach sich davonWestgeld. «Die zehn Jahre, die es dauert, ehe aus einem Setzling einMinibaum gewachsen ist, hatten die DDR-Oberen schon eingerechnet»,erinnert sich Riedel. Theoretisch wäre das erste Exportbäumchen ausdem Osten Mitte der 90er Jahre verkauft worden. «Mit dem Ende der DDRhatte sich das Thema aber erledigt.»

Gärtner in Dresden experimentierten damals mit heimischen Gehölzenwie Kiefern, Buchen, Birken oder Eichen. Da Fachliteratur fehlte,schrieb Gartengartenbauingenieur Riedel als Student einmal einenWest-Wälzer ab. Das einzige in der DDR verlegte und immer vergriffeneFachbuch stammte aus der Feder eines Dresdner Gärtners. Etwa 2000Bonsai-Liebhaber gab es zu DDR-Zeiten, die unter dem Dach derOrganisation Kulturbund ihrem Hobby frönten. «Wer sein Fernweh nichtstillen konnte, legte sich auf dem Fensterbrett im Neubaublock einenMini-Wald an», erzählt Riedel.

Schon Sachsens Kurfürst August der Starke liebte diekleinwüchsigen Schönheiten - wie alles, was aus Ostasien kam. Erlernte sie aber nie in natura kennen. In Deutschland waren 1907erstmals die exotischen Bäume zu sehen, und zwar in Dresden. SchonMitte des 19. Jahrhunderts hatten aber bereits findige Gärtner inHamburg auf Grund von Beschreibungen einige Zwergbäume gestaltet.

«Der Bonsai ist wie ein Haustier, man kann sich immer damitbeschäftigen», beschreibt Riedel seine Liebe zu den Minis, die inzarten winzigen Schalen mit einer ganz eigenen Ästethik denBetrachter faszinieren. Kritiker, die von verkrüppelten,verunstalteten oder sogar grotesken Pflanzen sprechen, widersprichter: «Bonsai wachsen nach der Natur.» Es dauert etwa eine halbe bisdreiviertel Stunde, die junge Triebe zu zupfen oder mit einer feinenSchere Ast für Ast zu «beschnippeln» - und das eventuell mehrmals imJahr. Die Pflanzen brauchen zum Teil zwei Mal am Tag Wasser undregelmäßig Dünger.

Im Schloß Pirna-Zuschendorf wird vom 15. Juni an für drei Tage miteiner Schau an die erste Bonsaiausstellung in Deutschland vor100 Jahren erinnert. In der Anlage stehen tausende Bonsais in etwa400 Sorten - sie gilt als eine der größten Sammlungen in Deutschland.Auf dem Gelände gibt es zudem eine Art Arche Noah für genetischesPflanzenmaterial: Azaleen, Kamelien und Rhododendren sowie die größteSammlung von Hortensien in Deutschland.