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Natur Natur: Buckelwal verirrt sich in die Ostsee und stirbt

04.07.2003, 12:55
Schaulustige verfolgen am Freitag am Ostseestrand von Groß Schwansee (Nordwestmecklenburg), wie ein toter Buckelwal von einer Abschleppfirma geborgen wird. Das in der Ostsee sehr seltene Tier - der letzte Buckelwal wurde 1984 vor Rügen gesichtet - soll in das Meereskundemuseum Stralsund transportiert und dort untersucht werden. (Foto: dpa)
Schaulustige verfolgen am Freitag am Ostseestrand von Groß Schwansee (Nordwestmecklenburg), wie ein toter Buckelwal von einer Abschleppfirma geborgen wird. Das in der Ostsee sehr seltene Tier - der letzte Buckelwal wurde 1984 vor Rügen gesichtet - soll in das Meereskundemuseum Stralsund transportiert und dort untersucht werden. (Foto: dpa) dpa

Groß Schwansee/Stralsund/dpa. - Erstmals seit zwanzig Jahren haben Forscher einen Buckelwal in der Ostsee entdeckt. Bei dem toten Wal, der am Donnerstag bei Groß Schwansee nahe Wismar gefunden wurde, handele es sich um ein knapp sieben Meter langes Jungtier, sagte Dirk Kwasny vom Stralsunder Meeresmuseums am Freitag. Das Tier soll mit einem Lastzug nach Stralsund gebracht und dort seziert werden. Zuletzt war nach Angaben des Meeresmuseums 1984 vor Sassnitz ein Buckelwal gesichtet worden. Er fand aber den Weg zurück in die Nordsee.

Trotz des norddeutschen «Schietwetters» pilgerten Hunderte Besucher am Freitagvormittag zum Strand von Groß Schwansee, um den Kadaver mit seinen typischen pockenartigen Erhebungen im flachen Wasser zu begutachten. «Ein Buckelwal ist sehr, sehr selten in der Ostsee», sagte Kwasny. Die Meeresbiologen wollen dem Kadaver Gewebe- und Organproben entnehmen sowie Magen- und Darminhalt untersuchen. Erst dann könne die Todesursache bestimmt werden, sagte Kwasny. Nach ersten Vermutungen ist das Tier verhungert und trieb schon mehrere Tage im Wasser.

«Whale watching» in der Ostsee und an deren Küste hat Seltenheitswert. Denn der Bestand der hier beheimateten Schweinswale wird auf nur rund 600 Tiere geschätzt. Buckel- und Zwergwale gelten als seltene Irrgäste. «Die Zwerg- und Buckelwale sind in subpolaren Meeren und in der Nordsee zu Hause», erläuterte der Meeresbiologe Dirk-Heinrich Stechmann, Vize-Direktor der Stralsunder Forschungseinrichtung. Über die norwegische Rinne drifteten sie gelegentlich in Skagerak und Kattegat ab. Wenn sie nicht abdrehen, gelangen sie über die Beltsee in die flachen Ostseegewässer.

«Dann erweist sich die Ostsee als biologische Falle». Die Tiere seien meist nicht in der Lage, den Rückweg aus dem umschlossenen Meer in die tiefere Nordsee zu finden. Zudem ist die Ostsee als Lebensraum für die zu den Bartenwalen gehörenden Arten ungeeignet. «Die meisten Tiere verhungern oder sterben infolge von Stress», sagte Stechmann.

Das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund ist eines der bedeutenden Zentren der Walforschung in Deutschland. Alle toten Meeressäuger, die an den Küsten Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns gefunden werden, werden von den Stralsunder Experten untersucht. Meistens handelt es sich bei den rund 15 bis 20 toten Tieren pro Jahr um Schweinswale und Robben. Die Meeresbiologen bestimmen Alter, Gewicht und Todesursache, um daraus mögliche Häufungen und Tendenzen ablesen zu können. Danach würden die Tiere zerlegt und die Skelette in einem aufwendigen Verfahren entfettet.

Selten sind richtige Exoten unter den Funden. 1965 verfing sich eine Lederschildkröte vor Stralsund im Netz von Fischern. 1999 und 2002 wurde jeweils ein toter Zwergwal an der Küste Mecklenburg- Vorpommerns entdeckt. Dass jetzt ein Buckelwal gestrandet ist, sei nicht beunruhigend. Solche Irrgänge passierten gelegentlich, betonte Stechmann.