Nach Tod von Lea-Sophie: Behörde in der Kritik
Schwerin/dpa. - Nach dem Tod der unterernährten fünfjährigen Lea-Sophie aus Schwerin gerät die Arbeit des Jugendamtes in Schwerin immer mehr in die Kritik. Unterdessen ergab die Obduktion, dass das Kind verhungert und verdurstet ist.
Es verdichten sich Anzeichen, dass die Behördenmitarbeiter, die nach einem anonymen Hinweis auf Vernachlässigung die Familie kontrollieren sollten, das Kind gar nicht zu Gesicht bekamen. Ein Bewohner des Hauses, in dem Lea-Sophie lebte, sagte am Donnerstag der dpa: «Ich habe den Leuten vom Amt die Haustür geöffnet. Da waren die Frau und der Mann aber gerade aus dem Haus.» NDR 1 Radio MV berichtete, die Eltern seien zu einem Termin im Jugendamt zwar mit ihrem Neugeborenen, nicht aber mit Lea-Sophie erschienen.
Schon vor einem Jahr soll die Familie demnach auffällig gewesen sein. Damals habe das Amt mit den Großeltern gesprochen. Ein Sprecher der Stadt äußerte sich dazu nicht.
Die Obduktion der Leiche von Lea-Sophie ergab, dass das Kind nach monatelangem Martyrium verhungert und verdurstet ist. Wie Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick weiter sagte, hat seine Behörde Haftanträge gegen die Eltern wegen gemeinschaftlichen Totschlags gestellt. Der 26- jährige Vater und die 23-jährige Mutter sollen es über mehrere Monate unterlassen, haben, das kleine Mädchen «ausreichend und richtig zu ernähren». Zum Schluss habe Lea-Sophie nur noch 7,4 Kilogramm gewogen, normal wären in dem Alter um die 20 Kilogramm. Zudem hatte das Kind sogenannte Sitzgeschwüre. Anzeichen für Gewaltanwendung seien bei der Obduktion aber nicht gefunden worden, sagte Pick weiter.
Die Schweriner Jugendamtsleiterin Heike Seifert soll bereits vor einem Jahr im Sozialausschuss der Stadtvertretung erklärt haben, dass das Amt durch Mittelkürzungen völlig überlastet sei. Die langjährige Vize-Vorsitzende des Landeselternrates, Verena Riemer, zitierte Seifert mit den Worten: «Ich kann nicht garantieren, dass wir nicht auch in Schwerin ein totes Kind haben werden.» Der anschließenden Betroffenheit unter den Stadtvertretern seien keine Handlungen gefolgt, sagte Riemer. «Es haben alle Verantwortlichen die Katastrophe kommen sehen und nichts getan, um sie abzuwenden.»
Nach Angaben des Vereins Deutsche Kinderhilfe Direkt hat ein Mitarbeiter eines Jugendamtes in Deutschland rund 150 Fälle zu betreuen. Seit 2002 seien 15 Prozent der finanziellen Mittel vor allem bei den Beratungsstellen und ambulanten Familienbetreuern gekürzt worden.