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Nach Erdbeben Nach Erdbeben: Bruder sorgt für die Rettung seiner kleinen Schwester

15.10.2005, 16:45
Dies sind die die im Bericht erwähnten Geschwister, doch auch sie helfen sich in der Not: Dieser Junge trägt in Muzaffarbad, im pakistanischen Teil des Kaschmir, seine verletzte Schwester. (Foto: dpa)
Dies sind die die im Bericht erwähnten Geschwister, doch auch sie helfen sich in der Not: Dieser Junge trägt in Muzaffarbad, im pakistanischen Teil des Kaschmir, seine verletzte Schwester. (Foto: dpa) EPA

Islamabad/Hamburg/dpa. - Der Junge sei ein Held, denn er habe nicht nur seine Schwester gerettet, sondern seit dem Erdbeben auch für seine beiden jüngeren Brüder gesorgt. Die Eltern waren bei der Katastrophe am 8. Oktober ums Leben gekommen.

Die Zahl der Toten ist nach offiziellen pakistanischen Angabeninzwischen auf mindestens 39 422 gestiegen. Mehr als 65 000 Menschenwurden zum Teil schwer verletzt. Im indischen Teil Kaschmirs werdenrund 2000 Todesopfer vermutet. Pakistans Nothilfe-Beauftragter,Generalmajor Muhammad Farooq, befürchtet, dass sich die Zahl derOpfer weiter erhöht, sobald die Trümmer in den am härtestenbetroffenen Gebieten weggeräumt seien. Helfer in der Region gehenmittlerweile von mehr als 50 000 Toten aus.

Am Wochenende überschattete der Absturz eines pakistanischenRettungshubschraubers die Hilfsaktionen in Kaschmir. Die sechsBesatzungsmitglieder seien getötet worden, teilte Sultan am Sonntagmit. Die Ursache des Absturzes ist noch unbekannt. Der Armee-Sprechergab jedoch zu Bedenken, dass die Piloten unermüdlich bei widrigenWitterungsverhältnissen im Einsatz seien und zu wenig Schlaf bekämen.

Die Hilfs- und Rettungsaktionen im Norden Pakistans und inKaschmir wurden von sintflutartigen Regenfällen und Gewitterstürmenerheblich behindert. «Aber trotz des unwirtlichen Wetters laufen dieAktionen seit Samstagabend weiter», sagte Sultan der dpa.

«Bitte rettet uns. Helft uns. Wir haben keinerlei Unterkunft»,flehte eine Frau, die ihr Baby auf dem Arm trug, im pakistanischenFernsehen PTV. Meteorologen sagten voraus, dass der starke Regen noch24 Stunden andauern werde. Danach komme ein eiskalter Wind.

Pakistans Premier Shaukat Aziz kündigte für die nächste Woche eineeine internationale Geberkonferenz unter dem Vorsitz der VereintenNationen (UN) in Genf an. Dort solle erörtert werden, wie sein Landbeim Wiederaufbau unterstützt werden könne. «Wir brauchen dringendmindestens 300 000 Zelte für die vom Erdbeben betroffenen Menschen inKaschmir», sagte Premier Aziz. Saudi-Arabien will Pakistan nach demErdbeben mit 133 Millionen Dollar (110 Millionen Euro) beimWiederaufbau der Infrastruktur unterstützen. Dringend benötigt wirdvor allem mehr medizinische Hilfe. Krankenhäuser in den Städtenmüssten inzwischen in jedem verfügbaren Raum Notbetten aufstellen, umdie «Flut von Schwerverletzten» bewältigen zu können, hieß es.

Zu den vielen Todesopfern in Pakistan gehören offiziellen Angabenzufolge tausende Kinder. Und tausende Kinder seien zu Waisengeworden. Etliche von denen, die ihre Eltern verloren haben,traumatisiert und zum Teil schwer verletzt sind, wurden ins Institutfür Medizinische Wissenschaften nach Islamabad gebracht. Eines derKinder ist die siebenjährige Yasmin. Ihr wurde ein Arm amputiert, ihrKopf ist stark bandagiert, und sie wartet auf ihre Mutter, die sienach Hause holen soll - doch sie hat den Namen ihrer Eltern und ihresDorfes vergessen. «Aber ich würde mein Dorf wiedererkennen. Dort gibtes viele Büffel und viele Menschen», sagt sie.

Inzwischen gibt es eine starke Bereitschaft von Privatpersonen undpolitischen Parteien einschließlich der islamistischen Jamaat-e-Islami-Gruppe (JI), Kinder zu adoptieren, die durch das Beben zuWaisen wurden. «Wir wollen das nicht den fremden Missionaren und dennicht-staatlichen Organisationen überlassen und selbst dieVerantwortung für diese Kinder übernehmen», sagte der JI-VorsitzendeNiamat Khan. Aber die Regierung will zum jetzigen Zeitpunkt keineAdoptionen zulassen, weil sie die Gefahr von Kinderhandel fürchtet.

Trotz der Häufung von Naturkatastrophen in diesem Jahr ist dieSpendenbereitschaft in Deutschland weiterhin hoch. Beim DeutschenRoten Kreuz (DRK) in Berlin gingen bis Ende der Woche mehr als650 000 Euro Spenden für die Erdbebenopfer ein. «Wir hatten bereitsfünf große Naturkatastrophen in diesem Jahr, dafür ist diese Summehoch», sagte Sprecherin Margitta Zimmermann.

Rangeleien um einen Karton mit Nahrungsmitteln liefern sich diese Männer in dem vom Erdbeben zerstörten Ort Balakot im Norden Pakistans. (Foto: dpa)
Rangeleien um einen Karton mit Nahrungsmitteln liefern sich diese Männer in dem vom Erdbeben zerstörten Ort Balakot im Norden Pakistans. (Foto: dpa)
EPA