MZ, Simson, Trabant & Co. MZ, Simson, Trabant & Co.: So viel DDR steckt noch in Kuba
Havanna - Seine alte Simson hat Roberto Quintero kürzlich wieder aus der Garage rausgefahren. Über 30 Jahre ist es her, dass der kubanische Ingenieur für Verkehrswesen das DDR-Moped von deutschen Freunden geschenkt bekam. Das Kleinkraftrad ist noch in gutem Zustand. Am 11. November fuhr Quintero wieder damit zu einem Treffen mit alten Bekannten im Stadtzentrum Havannas. Sie alle haben einst in der ehemaligen DDR studiert.
Rund Tausend Kubaner gingen bis Ende der 1980er Jahre zum Studium in die DDR. Auch Zehntausende kubanische Arbeiter waren in der Zeit im sozialistischen Bruderstaat in der Ausbildung. Genaue Zahlen lassen sich schwer ermitteln, wie Diplomingenieur Manuel Torres sagt. Torres, der vor rund 50 Jahren in Dresden studierte, geht von mehr als 20.000 Menschen aus. 2010 veröffentlichte Torres zusammen mit dem deutschen Autor Falk Heinrich einen Aufsatz, in dem sie auf den Spuren der DDR in dem Karibikstaat wandelten.
DDR noch merkwürdig lebendig auf Kuba
Fast ein Vierteljahrhundert nach seiner Auflösung wirkt der ostdeutsche Staat heute noch merkwürdig lebendig auf Kuba. Es gibt sogar eine kleine Insel, die nach Ernst Thälmann benannt ist, dem deutschen KPD-Vorsitzenden, der 1944 im Konzentrationslager der Nazis starb. Am deutlichsten ist die Präsenz der DDR aber wahrscheinlich am Straßenbild Havannas und anderer Städte zu erkennen.
Dort fahren heute noch Zehntausende alte DDR-Fahrzeuge. Das langjährige US-Wirtschaftsembargo und andere Einfuhrrestriktionen haben aus Kubas Straßen eine Art lebendiges Museum für hochbetagte Motoren gemacht. Neben US-amerikanischen „Oldtimern“ findet man Wagen russischer oder polnischer Hersteller - und manchmal sogar Wartburgs oder Trabants aus DDR-Fabrikhallen.
Warum MZ-Motorräder der Renner auf Kuba sind, lesen Sie auf Seite 2.
Der Renner sind aber die MZ-Motorräder. Die Zweiräder aus dem sächsischen Zschopau kamen bis in die 1990er Jahre hinein auf verschiedene Art und Weise nach Kuba. Viele von ihnen leisten heute ihren Dienst sogar als öffentliche Verkehrsmittel.
Der 24-jährige Jorge fährt beispielsweise seit rund einem Jahr Passagiere gegen Entgelt mit seinem MZ TS 250, Baujahr 1983, im Stadtviertel La Palma im Süden Havannas. Für eine Fahrt nimmt er umgerechnet etwa 1 US-Dollar. Sein Motorrad glänzt, auch wenn es nicht immer einfach ist, Ersatzteile zu finden.
Offiziell verboten
Sein Vater kaufte das Motorrad in der DDR, bevor er Mitte der 1980er Jahre zurück nach Kuba kam. Facharbeiter „durften zwei Stück nach Hause mitbringen“, erzählt Motorrad-Taxifahrer Jorge. Seinen Nachnamen nennt er nicht, denn diese Dienstleistung ist in Havanna trotz großer Not im öffentlichen Transportwesen offiziell verboten.
In Santiago de Cuba im Osten des Landes haben sich die Behörden dagegen offenbar dazu durchgerungen, den Einsatz von Motorrädern als öffentlichen Verkehrsmitteln doch zu erlauben. Die zweitgrößte Stadt Kubas gilt als MZ-Hochburg.
Dort wird die Anzahl von Zweirädern auf 16.000 geschätzt, sagt Wilmenes Obregón. Davon könnte sogar die Hälfte von der Marke MZ sein, meint der 57-Jährige. Obregón selbst fuhr zwischen 1991 und 2002 Taxi mit seinem Motorrad. Gekauft hat er es während seiner Ausbildung zum Dreher in Magdeburg zwischen 1979 und 1985.
Für Quintero war die Simson dagegen ein Geschenk der besonderen Art. Deutsche Freunde schickten sie ihm 1991 per Luftfracht, damit er seinen Sohn bei seiner Ex-Frau in der Nähe vom Badeort Varadero rund 140 Kilometer östlich von Havanna besuchen konnte. Damals herrschte auf Kuba eine große Wirtschaftsnot, erinnert sich der Ingenieur.
Inzwischen wohnt sein Sohn in Havanna. Der heute 25-jährige Rainer - den Namen erhielt er in Erinnerung an einen alten Ausbilder seines Vaters in Rostock - darf nun oft selbst ans Steuer.