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Mord vor 23 Jahren Mord vor 23 Jahren: Angeklagter legt Geständnis ab

Von Tanja Wolter 21.11.2003, 09:32

Stuttgart/ddp. - Über 23 Jahre nach dem Mord an einer Schülerin im Kreis Esslingen ist mit einem umfassenden Geständnis des Täters der Prozess eröffnet worden. Der heute 41-Jährige räumte am Freitag vor dem Stuttgarter Landgericht ein, die 15-Jährige im Februar 1980 vergewaltigt und anschließend erwürgt zu haben. «Ich bin ausgerastet», sagte er. Eine lebenslange Freiheitsstrafe droht dem Mann jedoch nicht. Da er zur Tatzeit erst 17 Jahre alt war, gilt das Jugendstrafrecht, das maximal zehn Jahre Haft erlaubt.

Die Schülerin aus Aichtal war am 22. Februar 1980 verschwunden. Sechs Wochen später wurde ihre Leiche in einem Bachbett der Aich entdeckt. Schon damals galt der Angeklagte als Verdächtiger. Seine inzwischen verstorbene Großmutter verschaffte ihm allerdings ein falsches Alibi, dem die Ermittler Glauben schenkten.

Dass der Fall nun doch noch vor Gericht aufgerollt wird, ist offenbar auf das schlechte Gewissen des 41-Jährigen zurückzuführen. Er legte im Jahr 2000 in einem anderen Prozess gegen ihn wegen eines Raubüberfalls überraschend ein erstes Geständnis ab. Wegen wirrer Angaben und einem Widerruf war die Staatsanwaltschaft zwar zunächst nicht davon überzeugt, dass sie den Mörder vor sich hatte. Nachdem der Mann aber Anfang dieses Jahres ein weiteres Geständnis ablegte, das detailliertes Wissen zum Tatablauf enthielt, wurde Anklage erhoben.

Fest steht, dass sich die Schülerin aus Aichtal und der auf den Fildern aufgewachsene Angeklagte länger kannten und offenbar auch miteinander geflirtet hatten. Dem Geständnis zufolge hatte die 15-Jährige ihn dann am Tatabend in einer Kneipe gebeten, sie nach Hause zu begleiten. Auf dem Heimweg habe er zunächst mit ihr «geknutscht». Schließlich habe er das Mädchen gezwungen, sich auszuziehen und sie vergewaltigt. Danach habe die Schülerin «geschimpft wie ein Rohrspatz». «Da ist bei mir die Sicherung durchgebrannt», gestand der Angeklagte.

Der 41-Jährige räumte ein, die Schülerin dann geschlagen und gewürgt zu haben. Schließlich habe er sie zu dem Bach gezogen und sei nach Hause gegangen, um sich einen Film anzuschauen. «Ich habe erst gar nicht realisieren können, was da passiert ist», sagte er. Später habe er sich allerdings selbst «nicht mehr ertragen».

Gefängnismauern sind für den Mann, der keine Ausbildung hat und nach eigenen Angaben mit einer alkoholkranken Mutter und einem gewalttätigen Vater aufgewachsen ist, nichts Neues. Seit 1980 hat er wegen zahlreicher anderer Straftaten insgesamt rund 18 Jahre in Haft verbracht. Auch zurzeit verbüßt er eine Gefängnisstrafe. Der Angeklagte ist drogenabhängig und nach einer HIV-Infektion 1991 inzwischen an Aids erkrankt. Die Infektion hat er sich nach eigenen Angaben «freiwillig» geholt, in dem er mit Absicht die Spritze eines infizierten Freundes verwendete. Auch mehrere Selbstmordversuche soll er bereits hinter sich haben. Als Kind wurde er nach eigenen Angaben selbst sexuell missbraucht.

Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage eingeplant. 19 Zeugen sollen vernommen werden. Wegen des jugendlichen Alters des Angeklagten zur Tatzeit findet die Verhandlung unter Ausschluss der allgemeinen Öffentlichkeit vor einer Jugendstrafkammer statt. Nur Pressevertreter wurden zugelassen.