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Monarchie Monarchie: Warum wir Deutschen die Royals so lieben

Von Christoph Driessen 03.03.2011, 07:42
Die britische Königin Elizebeth I. (l-r), Prinz William; Prinz Philip und Prinz Charles auf dem Balkon des Buckingham Palastes in London. Das britische Königshaus ist - historisch betrachtet - durch und durch deutsch. Doch die Windsors des 21. Jahrhunderts ignorieren praktisch ihre deutschen Wurzeln. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Die britische Königin Elizebeth I. (l-r), Prinz William; Prinz Philip und Prinz Charles auf dem Balkon des Buckingham Palastes in London. Das britische Königshaus ist - historisch betrachtet - durch und durch deutsch. Doch die Windsors des 21. Jahrhunderts ignorieren praktisch ihre deutschen Wurzeln. (FOTO: ARCHIV/DPA) RoyalPress

Berlin/dpa. - Die hormonell gesteuerten Wirrungen desWindsor-Clans haben uns schon viele heitere Stunden im Wartezimmerunseres Zahnarztes beschert. Doch der Unterhaltungswert allein kanndie anhaltende Schwäche der Deutschen für die britische Monarchiekaum erklären. Da muss mehr dahinterstecken. Ausgewiesene Kenner derMaterie meinen: Die Royals erfüllen gleich mehrere deutscheSehnsüchte auf einmal.

DIE SEHNSUCHT NACH EINEM ERSATZ-KAISER: Unseren eigenen Royal, denKaiser Wilhelm mit dem überdimensionierten Pomade-Schnäuzer, habenwir 1918 nach Holland geschickt. «Die Krone fiel - wer wird dennweinen?», fragte damals Kurt Tucholsky, aber es fehlte dann doch wasim deutschen Psychohaushalt. Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer kanndiese Lücke nicht schließen, analysiert Buchautorin Cathy Dobson(«Planet Germany»). Die deutschstämmigen Royals müssen deshalb alsErsatz-Kaiserhaus herhalten.

DIE SEHNSUCHT NACH KULTURELLER EINHEIT: Die Royals - und vor allemdie Queen - bilden den kulturellen Mittelpunkt Englands. «Man erlebtauf diese Weise eine tief befriedigende Zugehörigkeit, eine intensiveVerbundenheit mit den anderen Menschen», erklärt der BerlinerKultursoziologe Frithjof Hager. Darum beneiden wir die Engländer,denn in Deutschland gibt's was Vergleichbares höchstens auf lokalemNiveau. Die Queen der Kölner ist zum Beispiel der Dom.

DIE SEHNSUCHT NACH MÄRCHEN: Als Deutsche wachsen wir mit GrimmsMärchen auf. Froschkönig, Dornröschen und der schöne Königssohn. Dasfindet seine logische Fortsetzung bei Rosamunde Pilcher und imbritischen Königshaus. Ja, natürlich, wir ahnen, dass das Inselvolknicht nur aus Lordships und Butlern besteht. Wir könnten es besserwissen. Aber wir wollen es nicht.

DIE SEHNSUCHT NACH STIL: Wir machen zwar Witze darüber, aberinsgeheim bewundern wir Deutschen die englische Aristokratie fürihren Stil und ihre wie selbstverständlich genossenen Vorrechte.Diese ganzen manirierten Sprach- und Verhaltenscodes, diesesunnachahmliche Originalgeschnösel der Upper Class, die in Etonantrainierte Selbstdisziplin - damit verglichen ist Deutschlandsfeine Gesellschaft ein Haufen auftrumpfender Neureicher.

DIE SEHNSUCHT NACH POMP: Die «Last Night of the Proms» mit ihrem«Rule Britannia» und «Land of Hope und Glory» ist in Deutschlandmittlerweile vielleicht populärer als in England selbst. WirDeutschen lieben die Engländer für ihren ungebrochenen Patriotismusund den damit einhergehenden «Pomp and Circumstance». Keine andereNation kann Staatsbegräbnisse so schön inszenieren. Und eine «RoyalWedding» ist natürlich noch besser. Cathy Dobson: «EinePrinzenhochzeit mit Kutschen, berittenen Soldaten und ausstaffiertenGästen mit Federhüten, Uniformen und Schottenröcken kommt der tief inder deutschen Seele verankerten Leidenschaft für Rituale sehrentgegen.» Was können wir dagegen aufbieten? Rosenmontagszug undOktoberfest.

DIE SEHNSUCHT NACH DER ROMANZE: Kate Middleton will es vermutlichnoch nicht wahrhaben, aber die britische Monarchie ist im Grunde einBig-Brother-Haus, aus dem man nie wieder rauskommt. Man steht unterständiger Medienbeobachtung, und das ist der zwischenmenschlichenBeziehung nicht unbedingt förderlich. Bekanntermaßen ist da soeiniges in die Brüche gegangen. «Dennoch hoffen wir alle, dassWilliam und Kate für immer zusammenbleiben, so wie wir das damalsauch bei Charles und Diana gehofft haben.» Das sagt der bekennendeRoyalist Chris Howland (82), Sänger, Moderator und erster deutscherDJ. Wir Deutschen sind eben hoffnungslose Romantiker.

Prinz Philip, der Herzog von Edinburgh, bei der Eröffnung des Parlaments in London. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Prinz Philip, der Herzog von Edinburgh, bei der Eröffnung des Parlaments in London. (FOTO: ARCHIV/DPA)
epa
Der Countdown läuft: Am 29. April heiratet der künftige britische Thronerbe Prinz William seine Herzensdame Kate Middleton. (FOTO: DPA)
Der Countdown läuft: Am 29. April heiratet der künftige britische Thronerbe Prinz William seine Herzensdame Kate Middleton. (FOTO: DPA)
EPA