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Mit Gewehren gegen Wolf und Hexe Mit Gewehren gegen Wolf und Hexe: US-Waffenlobby schreibt Kindermärchen um

Von Regina Morkramer 01.04.2016, 08:53

In Deutschland bzw. (West-)Europa steht die National Rifle Association längst in der Kritik. Die mächtige Waffenlobby der USA ist bekannt für ihren Einsatz gegen Verbote und Kontrollen von Schusswaffen, an dem regelmäßig Gesetzesinitiativen scheitern. Laut NRA sorgen nur noch mehr Waffen für mehr Sicherheit in den USA – Statistiken, die das wiederlegen, ignorieren die Lobbyisten konsequent.

Um das Leben aller US-Amerikaner im Interesse der Waffenlobby zu beeinflussen, fängt die NRA schon bei den ganz Kleinen an: Auf ihrer Webseite „NRA Family“ macht sie sich dafür stark, dass auch schon Kinder eigene Waffen besitzen und im Idealfall mit sich tragen. Und was eignet sich besser, um Kinder zu erreichen. als ein Märchen? Denkt sich die NRA und lässt bekannte Klassiker wie Rotkäppchen und Hänsel und Gretel nach ihren Vorstellungen umschreiben.

In der neuen NRA-Version werden die Protagonisten mit Gewehren ausgestattet – um sich verteidigen zu können, argumentiert die NRA. Unterstützer sehen in der Neuversion der Märchen eine friedlichere Alternative zur bekannten Geschichte, schreibt die „Washington Post“

Hänsel und Gretel und Rotkäppchen und das Gewehr

Der Anfang ist jeweils altbekannt: Ein junges Mädchen will ihre Großmutter im Wald besuchen und macht sich mit einem Korb voller Essen auf den Weg. Um sich vor den Gefahren im Wald zu schützen, hat Rotkäppchen sein eigenes Gewehr zum Geburtstag bekommen – samt Schießunterricht. Damit kann sie den bösen Wolf, der ihr auflauert, schließlich vertreiben. Das Tier macht sich stattdessen auf zur Großmutter. Doch auch bei ihr hat er keine Chance, Oma hält ihm eine Schrotflinte an den Kopf. Ende gut, alles gut, findet die NRA.

Ähnlich geht es bei Hänsel und Gretel und ihren Gewehren zu. Am Lebkuchenhaus der Hexe werden sie zwar nicht selbst eingesperrt, treffen jedoch auf zwei andere Kinder, die von der Hexe gemästet werden und Hilfe brauchen. Kein Problem, denn dank Gewehr können Hänsel und Gretel die beiden befreien und der Hexe entkommen.

Zusammenarbeit mit Autorin

Umgesetzt hat die abstrusen Gedanken der NRA-Lobbyisten übrigens die Autorin Amelia Hamilton, die sich laut „Washington Post“ selbst als Patriotin bezeichnet. Auch sie findet: „Rotkäppchen wäre viel sicherer unterwegs gewesen, wenn sie eine Waffe bei sich getragen hätte.“ Es gehe ihr „nur um Sicherheit“.

Und mit Rotkäppchen bzw. Hänsel und Gretel soll noch nicht Schluss sein. Als nächstes will Hamilton den „Drei kleinen Schweinchen“ zu mehr Sicherheit durch Waffengewalt verhelfen.

Bleibt zu hoffen, dass die Märchenversionen von Hamilton und der NRA die erschreckende Statistik der USA nicht weiter negativ beeinflusst: In diesem Jahr haben bereits 60 Kinder bzw. Personen unter 18 Jahren entweder sich selbst oder einen anderen Menschen erschossen.