Mathematik Mathematik: Der Weltmeister verteidigt seinen Titel

Bonn/dpa. - Der Bonner Zahlenkünstler Gert Mittring (43) hat seinen Weltmeister-Titel im Kopfrechnen verteidigt. Er gewann bei derGeistessport-Olympiade in London zum sechsten Mal nacheinander die Goldmedaille.
Wenn die 11 111. Wurzel einer 111 111-stelligen Zahlauch wieder elfstellig ist, dann kann sich Gert Mittring darüber so richtig amüsieren. Das liegt vielleicht daran, dass sein IQ weit über der Grenze des Messbaren liegt. Die Witze von Oliver Pocher kommen da nicht so gut.
Könner aus aller Welt mussten in London 123 Aufgaben wieWährungsumrechnungen, Wurzelberechnungen, Multiplikationen,Wochentagsberechnungen oder Potenzen lösen. Mittring habe denWettbewerb mit deutlichem Vorsprung gewonnen, berichtete amDonnerstag seine Sprecherin Ida Fleiß. Der Bonner Rechenkünstler war von der Bundesregierung bereits zum Mathe-Botschafter im Jahr der Mathematik 2008 ernannt worden.
«Ich bin mit gemischten Gefühlen nach London zur Weltmeisterschaft gefahren, denn die Konkurrenz ist groß», sagte er. «Auch die Aufgaben sind noch schwieriger geworden als sie in den Vorjahren sowieso schon waren, da kann man ganz schön ins Schwitzen kommen.» Wer Mittring kennt, fragt sich, ob solche Sätze nicht bewusste Tiefstapelei sind, nach dem Motto «Ich bin doch auch nur ein Mernsch». Drei Stunden hatten die Kopfrechner Zeit, um die 123 Rechenprobleme im Kopf zu lösen - ohne Hilfsmittel. Auch Notizen waren nicht erlaubt. Beispielaufgabe: Wie viel ist 78 897 342 mal78 567 324? Na, wird's bald?
Mittring zieht innerhalb von 13,3 Sekunden die 137. Wurzel auseiner 1000stelligen Zahl. Und das macht ihm auch noch Spaß. Schon mitvier Jahren beherrschte der Pfarrerssohn alle Grundrechenarten, mitzwölf entwickelte er eine Formel zur Berechnung von Wochentagen aneinem beliebigen Datum. Sein Abiturdurchschnitt lag aber nur bei 3,7,die Hochbegabung wurde erst später entdeckt. Anders als man erwartenkönnte, studierte Mittring Heilpädagogik und Psychologie und leitetheute eine psychologische Praxis zur Hochbegabten-Diagnostik.Psychologen und Mathematiker haben für ihn gemeinsam, dass sieProbleme lösen.
Auch bei ihm zu Hause deutet nichts auf übermenschlicheFähigkeiten hin. Im Bücherregal steht «Harry Potter». Mittring spieltSchlagzeug und Trompete, reist gerne und ist nach eigenen Worten ein«Wanderfreak». «Den ganzen Tag am Computer zu sitzen, war für michkeine Lebensperspektive», sagt er. Überhaupt gefällt es ihm nicht,wenn Mathematiker immer als eigenbrötlerische Superhirne dargestelltwerden. Er selbst betrachtet sich jedenfalls als völlig normal: «Ichhabe mich nie als besonders intelligent gesehen.» Was aber sind wirdann?