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Lebensmittel Lebensmittel: Frisches Gammelfleisch vom Metzger

Von Ulf Vogler 19.10.2009, 07:46

Deggendorf/dpa. - Indem Prozess vor dem Deggendorfer Landgericht gab der 56 Jahre alteAngeklagte dann unumwunden zu, dass alle Vorwürfe gegen ihn richtigseien. Über Jahre hinweg hatte der Ex-Geschäftsführer von zweiFleischgesellschaften tonnenweise verdorbenes und minderwertigesFleisch verkauft.

Dank seines Geständnisses kann der Mann nun mit einer maximalzweijährigen Bewährungsstrafe rechnen. Die Wirtschaftsstrafkammer,die Staatsanwältin und die drei Anwälte des Mannes hatten sichbereits im Vorfeld darauf geeinigt. Das Urteil soll an diesemDienstag verkündet werden. Zudem soll es eine Geldstrafe für denMetzger geben, und das schon bestehende Berufsverbot soll bis Mai2011 verlängert werden. Im Rahmen der Absprache wurde schon ein Teilder früheren Anklagepunkte fallengelassen.

Die Staatsanwältin brauchte fast zweieinhalb Stunden, um dieverbliebenen Straftaten aufzulisten - immer noch mehrere hundertFälle. Der Metzgermeister aus Metten hatte Geschäftsbeziehungen zueiner Reihe von Unternehmen in ganz Deutschland und im Ausland. Sosoll er auch Betriebe in den Niederlanden, Österreich und Russlandbeliefert haben. Diese Firmen exportierten ihre Produkte dann bisnach Afrika und Hongkong weiter.

Laut Anklage ließ der Metzger beispielsweise verdorbenesSchweinefleisch unter frischeres Fleisch mischen. In anderen Fällenwurden billigere Fleischprodukte statt der bestellten teureren Waregeliefert. Einmal hatte der Metzger sogar Fleisch, das ein Abnehmerwegen der Qualitätsmängel nicht annahm und zurückschickte, zumWeiterverkauf wieder eingelagert. Mitunter waren bei den Waren dieHaltbarkeitsdaten seit Jahren abgelaufen. Als der Fall 2006bekanntwurde, fanden die Ermittler in einem Kühlhaus sogar nochFleischpackungen, auf dem das Mindesthaltbarkeitsdatum 2001 stand.Insgesamt wurden damals zig Tonnen beschlagnahmt. Davon wurden mehrals 800 Proben genommen - jede vierte wurde bei Laboruntersuchungenals ungenießbar eingestuft.

Manchmal griff der 56-Jährige zu noch dreisteren Tricks, um seinemangelhafte Ware loszuwerden. So musste einmal ein Mitarbeiter dasFleisch umdrehen, damit die noch etwas appetitlichere Unterseite obenlag. Selbst als er bereits ein vorläufiges Berufsverbot hatte,handelte der Metzger im Auftrag einer Firma seiner Ehefrau weiter undtrickste auch da.

Der Fall des Metzgers aus dem Landkreis Deggendorf hatte im Sommer2006 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und auch dieFleischkontrolleure im Freistaat bloßgestellt. Aufgeflogen war derFall nämlich nicht durch eine penible Überwachung. Vielmehr stolperteein Pilzsucher im Wald über einen Koffer mit brisanten Akten einesehemaligen Angestellten des Metzgermeisters. Der Pilzsammler trug diePapiere zur Polizei und brachte so die Ermittlungen ins Rollen.

Verteidiger Klaus Gussmann sagte, es handle sich letztlich nur umeinzelne Verfehlungen des Metzgers. Die meisten Lieferungen desMannes seien völlig korrekt gewesen. Die Anklagepunkte bewegten sichim «Promillebereich» des gesamten Geschäfts des 56-Jährigen. «Es gabAusreißer, aber es handelt sich nicht um einen großen Skandal»,meinte der Münchner Anwalt.

Da es sich bei den meisten Waren um eher minderwertiges Fleischwie Schweinepfoten, Knochen oder Schwänze handelte, blieb derBetrugsschaden mit rund 82 000 Euro trotz der großen Handelsmengegering. Gussmann sprach daher auch von «Abfallprodukten» - diefreilich in den afrikanischen und asiatischen Empfängerländern nochzu Lebensmitteln weiterverarbeitet werden.