Kriminalität Kriminalität: Schlüsselfigur im Gammelfleisch-Skandal begeht Selbstmord

München/Berlin/Magdeburg/MZ/dpa. - Das hätten Laboruntersuchungen im Landesamtfür Verbraucherschutz ergeben, so das Gesundheitsministerium.Das aus München gelieferte Fleisch sei nichtüberlagert und ordnungsgemäß gekühlt. Es werdezur Vermarktung frei gegeben. Unterdessenwurde bekannt, dass ein Münchner Großhändler,der als Schlüsselfigur im Gammelfleischskandalgilt, sich das Leben genommen hat.
Der Münchner Großhändler, der alsSchlüsselfigur im Gammelfleischskandal gilt, hat sich das Lebengenommen. Die Leiche des 74 Jahre alten Hauptbeschuldigten wurde nachPolizeiangaben am frühen Mittwochmorgen von seiner Ehefrau gefunden.Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Zuständigkeit fürLebensmittelkontrollen ging weiter. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)forderte im Bundestag einheitliche Standards. Gammelfleisch ausBayern ist vermutlich in acht EU-Staaten geliefert worden. DieVerbraucherminister beraten an diesem Donnerstag in Berlin überKonsequenzen.
Der Polizei zufolge gibt es keine Hinweise auf Fremdverschuldenbeim Tod des Münchner Händlers. Die Ehefrau habe gesagt, ihr Mannhabe sehr unter dem Medieninteresse in den vergangenen Tagengelitten. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Der MünchnerGeschäftsmann soll große Mengen abgelaufenen Fleischs weiterverkaufthaben.
Merkel rief die Länder zu bundesweiten Kontrollstandards undbesserem Informationsaustausch auf. «Das heißt nicht, dass dieBundesregierung die Kontrollen übernimmt», sagte sie. Unterdessenzeichnet sich eine Entschärfung des CSU-internen Streits zwischen denVerbraucherministern Horst Seehofer im Bund und Werner Schnappauf inBayern um die Zuständigkeit für die Lebensmittelüberwachung ab.Schnappauf gab den Widerstand gegen einheitliche Standards auf.
Seehofer dringt auf eine stärkere Rolle des Bundes bei derKoordinierung der Kontrollen. «Ich werde nicht ruhen, bevor das nichterfüllt ist», sagte er der dpa. Die Deutsche Zoll- undFinanzgewerkschaft schlug vor, den Zoll stärker einzubeziehen. Bishersind die Länder für die Lebensmittelüberwachung zuständig. Eineformelle Oberaufsicht des Bundes stößt in vielen Landeshauptstädtenauf Widerspruch.
Bayern fordert unter anderem härtere Strafen und Berufsverbote fürGammelfleisch-Händler. «Wir müssen den Kontrolleuren zusätzlicheInstrumente in die Hand geben», sagte Schnappauf. «Wir brauchen eineeuropaweite Meldepflicht, wenn jemand Kenntnis von verdorbener Wareerhält.» Wenn ein Betrieb den Wareneingang und -ausgang nichtvernünftig dokumentiere, solle der Betrieb vorläufig geschlossenwerden. «Es soll deutlich werden, dass wir bei schwarzen Schafen inder Fleischbranche mit eisernem Besen kehren.» Nordrhein-Westfalensetzt sich für eine bessere Kennzeichnung und Dokumentierung ein.
Die Polizei hatte bei der Durchsuchung der Geschäftsräume desGroßhändlers insgesamt 40 bis 50 Tonnen Fleisch sichergestellt,dessen Haltbarkeit teilweise um vier Jahre überschritten war. InHessen weitete sich der Skandal aus: Die Behörden fanden wesentlichmehr Fleisch als zunächst gedacht.
In einem Fall von Gammelfleisch ließ das Landgericht Landshutunterdessen die Anklage gegen den ehemaligen Passauer FleischhändlerKarl Heinz Berger zu, der 140 Tonnen abgelaufenes, falschausgezeichnetes oder anders manipuliertes Fleisch verkauft habensoll.
Nach Angaben der EU-Kommission ist Gammelfleisch aus Bayernvermutlich nach Österreich, Tschechien, Dänemark, Frankreich, dieNiederlande, Belgien, Italien und Luxemburg geliefert worden. InBelgien wurden 550 Kilo Truthahnfleisch aus den betroffenen deutschenBetrieben sichergestellt. Das Fleisch werde untersucht.
Trotz des unappetitlichen Skandals essen vier von fünfVerbrauchern nach einer Erhebung des Marktforschungsinstituts«OmniQuest» genauso viel Fleisch wie zuvor. Die Bundesbürger haltenschärfere Maßnahmen gegen Gammelfleischbetrüger für nötig. Rund dreiViertel fordern ein lebenslanges Berufsverbot, ergab eine Umfrage desNachrichtensenders n-tv und des Instituts Forsa.

