Kriminalität Kriminalität: Prozessauftakt um Mord an achtjähriger Julia
Gießen/dpa. - Knapp eineinhalb Jahre nach dem Mord an der achtjährigen Julia aus dem mittelhessischen Biebertal steht von Mittwoch an ein Nachbar des Mädchens vor dem Gießener Landgericht. Der 34 Jahre alte Angeklagte muss sich wegen Mordes, versuchten sexuellen Missbrauchs, Freiheitsberaubung und schwerer Brandstiftung verantworten. Weil der Familienvater nach Ankündigung seines Verteidigers zu den Vorwürfen schweigen will, rechnen alle Beteiligten - Julias Eltern treten als Nebenkläger auf - mit einem langwierigen Indizienprozess. Für die Verhandlung stehen bereits Termine bis August 2003 fest, 65 Zeugen sollen befragt werden.
Auch zu seinem Motiv hat sich der Angeklagte bislang nicht geäußert, die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er mit dem Mord den vorherigen Missbrauch des Mädchens verdecken wollte. Da der mutmaßliche Mörder noch an den Folgen einer schweren Brandverletzung leidet, wird die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Bruno Demel nur bis zu drei Stunden pro Tag und höchstens zwei Mal pro Woche verhandeln. Bei einer Benzinverpuffung in seinem Haus in Biebertal hatte sich der Mann im August vergangenen Jahres lebensgefährliche Brandwunden zugezogen. Der 34-Jährige, dessen Haut zu mehr als 80 Prozent verbrannt war, wird in einem Spezialrollstuhl an der Verhandlung teilnehmen.
Wegen des Gesundheitszustands des Angeklagten hatte es ein heftiges Tauziehen um seine Verhandlungsfähigkeit gegeben. Noch am vergangenen Freitag holte das Gericht ein weiteres Gutachten des plastischen Chirurgen Prof. Hans Ulrich Steinau (Universität Bochum) ein, der den Angeklagten bereits Anfang August für eingeschränkt verhandlungsfähig erklärt hatte. «Der Sachverständige ist bei dem Ergebnis geblieben, es gibt keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes», berichtete der Sprecher des Landgerichts, Fritz Nies, am Dienstag.
Julia war am 29. Juni 2001 in der Nähe eines Spielplatzes in ihrem Heimatort Biebertal bei Gießen spurlos verschwunden. Vier Tage später wurde ihre verbrannte Leiche in einem Waldstück im rund 60 Kilometer entfernten Niddatal entdeckt. Dem Angeklagten, einem Buchhalter der Gießener Universität und Familienvater, kamen die Ermittler nach der Verpuffung in seinem Keller auf die Spur. Mit dem Brand wollte der mutmaßliche Mörder wahrscheinlich Spuren des Mädchens vernichten.
Mit einer Gen-Analyse hatten die Ermittler dennoch beweisen können, dass sich die Achtjährige im Haus des Familienvaters aufgehalten hatte. Auf einem Teppich, der in seinem ausgebrannten Keller gefunden wurde, befanden sich Körperspuren des getöteten Mädchens. In der Nähe des Leichenfundorts hatten die Beamten zudem DNA-Spuren des Angeklagten entdeckt.

