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Kriminalität Kriminalität: Kinderschänder verlangen straffreie Liebesspiele

Von Ulf Mauder 24.03.2003, 07:29

Trier/dpa. - Zwei bekennende pädophile Männer müssen sich von Dienstag (25. März) an vor dem Amtsgericht Trier wegen Verbreitung von kinderpornografischen Schriften verantworten. «Krumme 13» nennen der 48-jährige Dieter Gieseking und ein 43 Jahre alter Mathematiker aus Berlin ihre Pädophilengruppe, die bundesweit für Proteste sorgte. Ungeachtet immer neuer Schreckensmeldungen über Kinderschänder setzt sich die Gruppe für die Liberalisierung von sexuellen Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen ein. Die Staatsanwaltschaft der rheinland-pfälzischen Stadt befürchtet, die einschlägig vorbestraften Männer könnten den Prozess als Forum benutzen.

   Die Angeklagten fühlen sich nicht ertappt, wie jemand, der jahrelang insgeheim Kinder missbraucht. Gieseking und der verheiratete Mitangeklagte stehen zu ihrer Neigung und verlangen straffreie Liebesspiele mit Kindern. «Im Kern sind das Gesinnungsbekundungen, die nicht strafbar sind», sagt Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos. Jedoch liege der Anklage ein Beweis vor, der für Roos «knallharte Pornografie» ist. Und die ist, weil es um Sex zwischen einem 11-jährigen Jungen und einem 30- jährigen Mann geht, strafbar.

   «Das ist eine üble fiktive Geschichte, die niedere Instinkte bedient», sagt Roos. Gieseking, ein ehemaliger Beamter des Bundesgrenzschutzes, hat die Geschichte auf einer inzwischen gelöschten Internet-Seite verbreitet. Mit dieser Homepage und dem Werben um Anerkennung als gemeinnütziger Verein zogen sich die Pädophilen den Zorn von Kinderschützern und Politikern zu. Die Hamburger Bürgerschaft verabschiedete sogar eine gemeinsame Erklärung gegen die Gruppe.

   In Trier lehnte das Amtsgericht den Antrag der Gruppe ab, ihre Eintragung ins Vereinsregister zuzulassen. Die Internetpräsentation der Gruppe lasse erkennen, dass Straftatbestände verharmlost und Pädophile in ihrem gesetzwidrigen Tun bestärkt würden, hieß es zur Begründung.

   Nachbarn Giesekings in Hamburg und Trier verteilten Flugblätter und sammelten Unterschriften gegen die Gruppe. Hacker boykottierten deren Homepage. Die Staatsanwaltschaft Hamburg verhängte einen Strafbefehl gegen ein 26 Jahre altes Mitglied der Gruppe und gab die übrigen Verfahren nach Trier ab.

   Die Männer wollen nach eigener Darstellung um Toleranz für ihre sexuelle Orientierung werben und verlangen eine Lockerung der Strafvorschriften für Pädophile. Aus Sicht Giesekings gibt es einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen. Die Zahl seiner Anhänger beziffert er auf 450 Männer und Frauen.

   Im Fall einer Verurteilung will Gieseking Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Wegen einschlägiger Vergehen musste er bereits für ein Jahr ins Gefängnis. Zuvor waren er und sein Mitangeklagter nur zu Geldstrafen verurteilt worden. Und möglicherweise droht Gieseking ein weiteres Verfahren. Bei einer Hausdurchsuchung hat die Staatsanwaltschaft, wie Roos sagt, «umfangreiches Material» sichergestellt. Die Auswertung steht vor dem Abschluss.