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Kriminalität Kriminalität: Jörg Immendorff legt umfassendes Geständnis ab

Von Frank Christiansen 20.07.2004, 08:28
Der Maler und Kunstprofessor Jörg Immendorff (r) wartet am Dienstag (20.07.2004) im Landgericht in Düsseldorf mit seinem Verteidiger Rüdiger Spormann (l) auf den Beginn seiner Verhandlung. Immendorff muss sich vor dem Landgericht wegen unerlaubten Drogenbesitzes verantworten. (Foto: dpa)
Der Maler und Kunstprofessor Jörg Immendorff (r) wartet am Dienstag (20.07.2004) im Landgericht in Düsseldorf mit seinem Verteidiger Rüdiger Spormann (l) auf den Beginn seiner Verhandlung. Immendorff muss sich vor dem Landgericht wegen unerlaubten Drogenbesitzes verantworten. (Foto: dpa) dpa Pool

Düsseldorf/dpa. - Jörg Immendorff wirkt gezeichnet von seinerschweren Krankheit. Als die Richter eintreten, muss ihm sein Anwalthelfen, sich zu erheben. Der 59-jährige Kunstprofessor räumt sofortalle Vorwürfe der Anklage ein, gesteht seinen Kokainkonsum und seineSex-Orgien. Aber der Vorsitzende Richter Jochen Schuster will es ganzgenau wissen.

«Haben Sie gedient? Sind Sie sexuell normal veranlagt? Hatten Sieschon früher Kontakt zu Prostituierten? Haben Sie mal an der Steuervorbei ein Bild verkauft?» Der Prozessauftakt vor dem DüsseldorferLandgericht wird für den renommierten Maler zum quälenden Verhör.Richter Schuster kennt kein Pardon.

«Das wäre ja auch noch schöner», entfährt es ihm, als Immendorffbeteuert, nie in der Kunstakademie gekokst zu haben. Der Malerschildert, wie er vor zehn Jahren «aus leichtsinniger Neugier» diePartydroge in Clubs auf der Düsseldorfer Königsallee ausprobiert hat.Vor fünf Jahren habe sich die Bedeutung des weißen Pulvers für ihnaber völlig verändert.

Nach der niederschmetternden Diagnose, an der Nervenkrankheit ALSunheilbar erkrankt zu sein und bald zu ersticken, hätten ihn «extremeAngstschübe» geplagt. Allmählich sei er «zum Krüppel geworden», sagtImmendorff. Kokain sei sein Mittel gegen die Panikattacken, aber auchsein Instrument zum Stillen seiner «Lebensgier» geworden.

Mal drei, mal fünf, mal zehn Gramm habe er gekauft, sich in Hotelseingemietet, Prostituierte bestellt und sich mit Kokain, Pornofilmenund Alkohol «über meine körperlichen Gebrechen hinweggetäuscht undeuphorisiert». Das Kokain habe er in einen Aschenbecher geschüttetund dann mit Strohhalmen oder Geldscheinen geschnupft. Er habe sichin den Hotelsuiten «sexuell amüsieren wollen», räumt der Maler ohneZögern ein - eine «erotische Inszenierung» ohne Geschlechtsverkehr.«Meine Familie war die eine Seite, meine Lebensgier eine andere.»

Richter Schuster bohrt weiter, bis Immendorff genug hat: «Meinesexuellen Bedürfnisse möchte ich hier nicht weiter erörtern.» Aberder Jurist nennt die Namen der Prostituierten, will mehr wissen.«Laut Prognose meiner Ärzte habe ich über meine Zeit gelebt. Wenn mirdanach war, habe ich mir das Recht genommen, Prostituierteeinzuladen», sagt der Maler sichtlich verärgert.

Der Richter konfrontiert den Künstler mit Zeugenaussagen derDamen: «Der kam schon mal mit weißer Nase aus dem Nebenzimmer.» Dochdiesmal behält Immendorff die Fassung: «Dem ist nichts hinzuzufügen.»Die Zuschauer im Gerichtssaal schauen betreten.

Der Beuys-Schüler Immendorff war vor knapp einem Jahr in derSuite eines Düsseldorfer Luxushotels mit neun Prostituierten undmehreren Gramm Kokain von Polizisten erwischt worden. Er muss nun miteiner Haftstrafe und dem Verlust seiner Professur rechnen.

Von der Fassade der weltweit angesehenen Kunstakakademie unweitdes Gerichts hing für kurze Zeit am Montag ein Solidaritäts-Transparent für den suspendierten Kunstprofessor. Die erwartetenStudentenaktionen blieben zum Prozessbeginn aber aus: «Das wär vor30 Jahren ganz sicher anders gewesen», meinte der Akademie-Pförtnerlakonisch.

Der Maler Jörg Immerdorff steigt am Dienstag (20.07.2004) vor dem Landgericht in Düsseldorf gestützt von zwei Helfern aus seinem Wagen. (Foto: dpa)
Der Maler Jörg Immerdorff steigt am Dienstag (20.07.2004) vor dem Landgericht in Düsseldorf gestützt von zwei Helfern aus seinem Wagen. (Foto: dpa)
dpa